PRESSEMITTEILUNG
Berlin, 11.11.15. Heute hat die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W), der Dachverband der Wohnungslosenhilfe in Deutschland, zusammen mit wohnungslosen Menschen und vielen Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe vor dem Brandenburger Tor für bezahlbaren Wohnraum und für den Zugang von Wohnungslosen zu Wohnungen protestiert.
Die Aktion bildet den Abschluss der dreitägigen Bundestagung der BAG W und steht unter dem Motto „Wohnen ist ein Menschenrecht! Solidarität statt Konkurrenz“. Einer immer größer werdenden Zahl wohnungssuchender Menschen mit geringen Einkommen stehe ein ständig schrumpfendes Angebot an bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung.
Die zunehmende Konkurrenz auf den Wohnungsmärkten sei inzwischen unübersehbar, so Winfried Uhrig, Vorsitzender der BAG W. Vorschnell werde die Wohnungsnot mit der Zuwanderung begründet. „Solidarität statt Konkurrenz ist unser Motto. Wir sagen ganz deutlich: Die Zuwanderung hat die Krise auf den Wohnungsmärkten nicht ausgelöst, sondern wirkt eher als Katalysator, der das ganze Ausmaß der Fehlentwicklungen und politischen Fehlentscheidungen der vergangenen Jahre offen zu Tage treten lässt. Genannt werden muss hier der drastische Rückgang des sozialen Wohnungsbaus oder der Verkauf öffentlicher Wohnungsbestände an private Investoren. So steht in den Kommunen kaum noch preiswerter Wohnraum zur Verfügung.“ Darüber hinaus gebe es noch immer zu wenige Fach- und Präventionsstellen in den Kommunen, die helfen könnten, Wohnungsverluste abzuwenden.
Die BAG W hat ihre Forderungen an die Politik in einer „Berliner Erklärung gegen Wohnungsnot“ gebündelt, die auch vor dem Brandenburger Tor präsentiert worden ist.
Wohnungspolitik müsse als Daseinsvorlage verstanden werden, heißt es in der Erklärung. Die Versorgung mit Wohnungen dürfe nicht dem freien Spiel des (Kapital-)Marktgeschehens überlassen werden: Die Bundes- und Landesmittel für den Sozialen Wohnungsbau müssen deshalb über Jahre drastisch erhöht werden, um den Fehlbestand an preisgünstigen Wohnungen ausgleichen zu können. Pro Jahr müssen mindestens 150.000 preiswerte Wohnungen und Wohnungen im Sozialen Wohnungsbau gebaut werden.
Der Bau von preiswertem Wohnraum sei zwar Voraussetzung für die Bekämpfung von Wohnungslosigkeit, aber nicht ausreichend. Die BAG W fordert deshalb die Kommunen auf, Belegungsquoten für wohnungslose Haushalte einzuführen und andere geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass wohnungslose Haushalte mit Wohnungen versorgt werden.
Mit der Aktion wendet sich die BAG W auch ausdrücklich gegen alle Versuche rechter Gruppierungen und Parteien, die versuchen die Not Wohnungsloser – die sie ansonsten als „Asoziale“ und „Penner“ beschimpfen, demütigen, prügeln und totschlagen – für ihre rassistischen und demokratiefeindlichen Parolen zu instrumentalisieren.
Für Rückfragen stehen wir Ihnen jederzeit zur Verfügung. Im Anhang finden Sie den vollständigen Text der „Berliner Erklärung gegen Wohnungsnot“.
Pressekontakt: Werena Rosenke, stellvertretende GF, Leitung Presse / ÖA, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, mobil 0151 – 16 70 03 03
Mit freundlichen Grüßen
Werena Rosenke
(stellv. Geschäftsführerin)
(stellv. Sprecherin der Nationalen Armutskonferenz (nak))
Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V.
Boyenstr. 42, 10115 Berlin
Tel.: (030) 2 84 45 37-0 Fax: (030) 2 84 45 37-19
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Tel Rosenke: (030) 2 84 45 37-11
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Lebensgefahr: Das Armutsnetzwerk fordert Schutz für Wohnungslose von Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft.
Nach Schätzung des Armutsnetzwerks leben in Deutschland 42.000 Wohnungslose auf der Straße. „Wir rufen hiermit dazu auf, alles Menschenmögliche zu unternehmen, um im kommenden Winter den Kältetod dieser Menschen zu verhindern“, so der Initiator des Aufrufs Jürgen Schneider vom Armutsnetzwerk e.V., das von vielen Organisationen unterstützt wird.*)
In jedem Winter erfrieren Menschen ohne Wohnung. Sie leben auf der Straße, in unbeheizten Abrisshäusern und übernachten im Freien, unter Brücken, auf Parkbänken, in Hauseingängen, Kanalschächten und U-Bahn-Tunneln. Bei Kälte und Feuchtigkeit, Frost und Regen verlieren viele den täglichen Kampf ums Überleben. „Ein drohender Kältetod ist ein Angriff auf die Grundrechte, auf das Leben und die körperliche Unversehrtheit“, mahnt Jürgen Schneider die Verantwortungsträger aus Politik und Verwaltung. Er ist selbst seit vielen Jahren wohnungslos. Es sei die Aufgabe der Gesellschaft und des Staates, sich zur Abwehr der drohenden Lebensgefahr schützend und helfend vor die auf der Straße Lebenden zu stellen.
Das Armutsnetzwerk ruft Politik und Verwaltung und insbesondere die Zivilgesellschaft in Deutschland dazu auf, nicht abseits zu stehen, wenn Menschen in existentielle Not geraten und vom Kältetod bedroht sind. „Engagieren Sie sich in Initiativen oder kommunalen Einrichtungen wie Tagestreffs, Kirchen, Sozialverbände“, wünscht sich der Initiator des Aufrufs.
Als Sofortmaßnahmen fordert das Armutsnetzwerk die Bereitstellung von Wärmestuben und Notquartieren z.B. in kirchlichen Räumen, U-Bahnen und Rathäusern. „Helfen Sie mit, ein Klima der Achtsamkeit gegenüber den Betroffenen zu schaffen, um die akute Not der Wohnungslosen im Winter zu lindern“, wünscht sich Jürgen Schneider, der auf das örtliche Engagement von Bürgerinnen und Bürgern setzt. „Geben Sie die Rolle des passiven Zuschauers auf und unterstützen Sie die längerfristigen Projekte in Ihrer Umgebung durch Ihre Mithilfe und/oder Spenden.“
Soforthilfe könne nur ein allererster Schritt der Menschlichkeit sein, dem weitere folgen müssten. „Sonntagsreden nutzen den Betroffenen nichts. Wir brauchen praktische Hilfen“, fordert Schneider zur langfristigen sozialen Integration von Wohnungslosen auf. Zu den nachhaltigen Hilfen gehöre es, Wohnungsverluste bereits im Vorfeld zu verhindern. Hilfen zur Eingliederung Wohnungsloser müssten aufrecht erhalten und ausgebaut werden, statt sie einzuschränken. Als eine Hauptursache der Notlage der Betroffenen nannte Schneider dass Fehlen bezahlbarer Wohnungen. Mietpreisbindungen von öffentlich geförderten Wohnungen sollten verlängert und über sozialen Wohnungsbau neuer preiswerter Wohnraum geschaffen werden.
Das Armutsnetzwerk e.V. hat sich als Stimme der von Armut und Obdachlosigkeit
Betroffenen 2012 gegründet, um für sie Mitwirkungsmöglichkeiten zu entwickeln. Ziel des Armutsnetzwerks ist, gemeinsam mit den von Armut Betroffenen, Wohnungslosen und unterstützenden Fachleuten und Institutionen auf gesellschaftliche Probleme aufmerksam zu machen. Das Armutsnetzwerk will dazu beitragen, ein Problembewusstsein für die vielfältigen Fragen und Probleme von Obdachlosen und Menschen in unzureichenden Wohnverhältnissen zu schaffen.
Spenden : Armutsnetzwerk e.V.(Stichwort Kältehilfe) (IBAN: DE15256513250191117555; BIC: BRLADE21DHZ) .
Armutsnetzwerk e.V.
Der Aufruf wird unterstützt von:
Presserechtlich verantwortlich: Jürgen Schneider
Der Winter war einer, der den Namen verdient hatte, knackig, minus 25 Grad und der Schnee türmte sich zum Teil meterhoch auf unserem Grundstück und alle paar Stunden nahmen wir die Schaufeln, um die wichtigsten Wege von den Massen zu befreien.
Das Haus roch nach Pfefferkuchen, Mohnstollen und nach Äpfeln, mit ihnen und Lametta hatten meine Schwester, sie war 7 Jahre älter, mein Vater und ich gerade den Weihnachtsbaum geschmückt.
Zwischenzeitlich bereitete meine Mutter in der Küche den Kartoffelsalat zu, waren es Wiener oder Frankfurter, die es später dazu gab?
Eine große Familie, lebten meine Oma und mein Onkel doch auch noch in dem Haus.
Lärchenweg 18 in Altenholz bei Kiel, Siedlung für Flüchtlinge, Menschen aus Ostpreußen, die der Krieg nach Schleswig Holstein gespült hatte, vor wenigen Jahren gebaut.
Heiligabend 1961 nun, ich war 4 Jahre jung und langsam warteten wir alle auf die Bescherung.
Bunte Teller mit Apfelsinen, die es damals nur zu Weihnachten gab, selbstgebackenen Keksen, Datteln und Feigen und Affenbrot, das immer in einem Paket aus Amerika lag, Freunde meiner Eltern waren dahin vor Jahren ausgewandert.
Weil es in Deutschland nicht genügend Arbeit gab.
Weihnachtslieder. Heilige Lieder. Und meine Oma hat dazu auf dem Kamm geblasen. Überspannt man einen mit Butterbrotpapier, kann man ihm tolle Töne entlocken.
Und dennoch - wir machen den Job gerne:
Es fehlen psychiatrische Hilfen für obdachlose Menschen - und es fehlt zusätzliches Personal.
Es war wie immer voll, viele Gäste suchten Einlass, es war wie immer viel zu tun, zu schlichten, zu intervenieren und zu trösten.
Und - das passiert, wenn man vom Leben arg gebeutelt und gezeichnet ist - nicht alle waren friedfertig.
Ein Gast lag stark alkoholisiert im Gastraum, der war recht ausgelastet, es werden pro Tag ja 600 Menschen und mehr versorgt.
Leichte Tumulte vor der Tür, weitere Menschen wollten hinein, hatten Angst, kein Essen zu bekommen, es fehlen ja weitere Einrichtungen, Angebote.
Zuviel für eine 25 jährige Frau, obdachlos, psychisch restlos durch den Wind, alkoholisiert.
Sie schlug um sich, das entzückte andere nicht.
Die Situation kippte.
Als "normale Party" bezeichnen wir das am Zoo, auch Ausdruck dafür, nicht alles ganz dicht an sich herankommen zu lassen.
Meine hauptamtliche Kollegin ist erfahren, sensibel, besonnen und in 999 von 1000 Situationen bekommt sie das auch hin - wenn man denn auf der "gleichen Wellenlänge sendet".
Ist die Frequenz aber gestört, wird Kommunikation zum Wagnis.
So wie gestern.
Die Situation eskalierte urplötzlich.
"Tätlicher Angriff, Körperverletzung", so oder ähnlich wird das im Polizeiprotokoll zu lesen sein.
Kaputte Brille (kann ersetzt werden), herausgerissene Haare (wachsen wieder nach), leichter Schockzustand (da hilft Whisky oder tröstende Gespräche), na ja - das nimmt man alles noch recht gelassen.
Meine Kollegin wurde aber massiv gebissen.
Und hier bleibt die Angst vor den Ergebnissen der Blutuntersuchung!
Beten.
Ich vermute, heute oder sehr bald wird die obdachlose Frau wieder in der Schlange vor der Tür stehen.
Nicht ausreichend behandelt - auch ihr geht es so nicht gut.
Natürlich könnten wir ihr ein befristetes Hausverbot erteilen, einigen hundert anderen auch.
"Niedrigschwellige Versorgung obdachloser Menschen" steht in unserer Konzeption.
Ließen wir die Verirrten nicht mehr herein, bliebe ihnen oft gar nichts mehr.
Ein vielfältiger, interessanter Job für 1350.- netto im Monat, wir arbeiten alle gerne dort.
Statement von Werena Rosenke, stellvertretende
Sprecherin der Nationalen Armutskonferenz (nak) und
stellvertretende Geschäftsführerin der
Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe
Freitag, 16. Oktober 2015
335.000 Menschen in Deutschland sind ohne Wohnung, so viele, wie seit über zehn Jahren nicht mehr. Bis zum Jahr 2018 ist mit mehr als einer halben Million wohnungsloser Menschen zu rechnen. Hieran wird deutlich, dass Armut wieder zunimmt, denn am Thema Wohnungslosigkeit werden Armut und Ausgrenzung besonders deutlich.
Fast 40.000 dieser wohnungslosen Menschen leben ohne jede Unterkunft auf der Straße. Diese Zahl ist in den letzten Jahren massiv angestiegen.
Es fehlen bezahlbare Wohnungen für wohnungslose und einkommensarme Haushalte und damit auch für derzeit zu uns kommende Flüchtlinge und EU-Zuwanderer. Rechtspopulistische Gruppierungen und Parteien versuchen sich in dieser Gemengelage zu profilieren, in dem sie die Zuwanderer für den Mangel an bezahlbarem Wohnraum verantwortlich machen. Wir als Nationale Armutskonferenz werden es aber nicht zulassen, die einen Armen gegen die anderen – also die zugewanderten – Armen auszuspielen.
Die Nationale Armutskonferenz weist seit Jahren darauf hin, dass die wesentlichen Ursachen von Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit in einer seit Jahrzehnten verfehlten Wohnungspolitik in Deutschland, in Verbindung mit der unzureichenden Armutsbekämpfung und den Fehlern im Hartz-IV-System liegen – und eben nicht an Flüchtlingen.
Statement von Dr. Anne Lenze, Professorin für
Soziale Sicherung an der Hochschule Darmstadt
Freitag, 16. Oktober 2015
„Alle Untersuchungen zeigen, dass das Armutsrisiko Alleinerziehender in den letzten Jahren angestiegen ist, und dies obwohl alleinerziehende Elternteile in einem immer stärkeren Maß erwerbstätig sind. Das Einkommensarmutsrisiko betrug bei Alleinerziehenden im Jahr 2013 nach den Ergebnissen des Mikrozensus 43 Prozent.
Dabei ist das Armutsrisiko für Alleinerziehende seit 2006 um 16,2 Prozent gestiegen, während das Risiko für Paare mit zwei Kindern um knapp sieben Prozent gesunken ist (Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband 2015). Von den 1,89 Millionen Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren im Hartz-IV-Bezug leben 965.000, etwas mehr als die Hälfte, in Alleinerziehenden-Haushalten. Kinderarmut ist damit zur Hälfte auf die Armut von Alleinerziehenden zurückzuführen.
Seit der Reform des Unterhaltsrechts im Jahr 2008 wird von den Alleinerziehenden erwartet, dass sie voll berufstätig sind, wenn das jüngste Kind älter als drei Jahre ist. Dadurch wurden Väter entlastet und der Erwerbsdruck auf die Alleinerziehenden ist seitdem erheblich gestiegen. Neuere Daten zeigen, dass mehr als die Hälfte der unterhaltsberechtigten Kinder keinen Barunterhalt vom getrenntlebenden Elternteil erhält.