"Mini-Jobs führen zu Dumpinglöhnen"

Veröffentlicht in Lohnpolitik

Als "Sprungbrett in den Arbeitsmarkt" wurden die Mini-Jobs 2003 eingeführt. Das ist allerdings gründlich daneben gegangen, urteilt der DGB. Mini-Jobs nützten nur den Arbeitgebern, um auf Kosten der Arbeitnehmer Geld zu sparen. Der DGB fordert deshalb die Abschaffung der Mini-Jobs. Die Koalition sieht das allerdings anders.

Von Christoph Käppeler, HR, ARD-Hauptstadtstudio

Rund siebeneinhalb Millionen Menschen in Deutschland arbeiten in Mini-Jobs - für höchstens 400 Euro pro Monat. Arbeitgeber wandeln gerne reguläre Arbeitsplätze in solche 400-Euro-Jobs um, sagt DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach: "Um eben billiger - auch an Tarifverträgen vorbei - mit angeblichen Aushilfen reguläre Beschäftigung zu machen. Damit entgehen den Beschäftigten Löhne und die Sozialversicherung." 

Am Beispiel der Discount-Lebensmittelkette "Netto" wird das deutlich. Laut Gewerkschaft ver.di sind hier rund 30.000 Mini-Jobber beschäftigt. Das ist fast die Hälfte aller Beschäftigten der Kette - alles angebliche "Aushilfen".

Der Vorteil für das Unternehmen ist laut DGB: Es zahle den Mini-Jobbern viel weniger pro Stunde als den übrigen Beschäftigten, nämlich nur einen Mindestlohn von 7,50 Euro. Anderen Beschäftigten stünden mindestens knapp neun Euro zu. Dadurch spare "Netto" im Jahr fast 40 Millionen Euro, auf Kosten der Mitarbeiter.

Mittlerweile arbeitet jeder fünfte in Deutschland in einem 400-Euro-Job, im Einzelhandel ist es sogar jeder dritte. Dabei wurden die Mini-Jobs 2003 eingeführt als "Sprungbrett in den Arbeitsmarkt". Mini-Jobber sollten also möglichst schnell eine andere, besser bezahlte reguläre Arbeit finden.

Eingemauert im Niedriglohnsektor

Das sei nicht erreicht worden, sagt der Gewerkschaftsbund: "Im Gegenteil, vor allem Langzeitarbeitslose, Geringqualifizierte und Frauen sind in den Kleinstarbeitsverhältnissen gefangen. Sie sind buchstäblich in diesen Niedriglohnsektor eingemauert", kritisiert Buntenbach.

Viele, die im Moment nur 400 Euro verdienen dürfen, würden gerne mehr arbeiten gehen und mehr Geld nach Hause bringen. Das weiß DGB-Arbeitsmarktexperte Johannes Jakob aus einer Untersuchung: "Etwa dreiviertel derer, die den Mini-Job als alleinige Tätigkeit haben, wollen die Arbeitszeit aufstocken. Und zwar im Durchschnitt etwa auf das Niveau der übrigen Beschäftigung, also zwischen 20 und 25 Stunden."

Das aber scheine nicht attraktiv für die Arbeitgeber zu sein, meint der DGB. Denn dann könnten sie keine Niedriglöhne mehr zahlen. Für die Steuerzahler wäre es allerdings besser, denn wenn mehr Menschen mehr verdienen könnten, müsste der Staat vielen nicht mehr aus der Hartz-IV-Kasse noch etwas drauflegen.

Forderungen an die Politik

Der DGB fordert deshalb, die 400-Euro-Jobs abzuschaffen. Ab der ersten Arbeitsstunde soll ein Arbeitnehmer jetzt Beiträge zu Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung bezahlen. Allerdings soll erstmal der Arbeitgeber den Großteil davon übernehmen, erst ab 800 Euro im Monat soll dann der Arbeitnehmer den normalen Anteil von 50 Prozent zahlen.

Würde ein Mini-Jobber dann arbeitslos, bekäme er Arbeitslosengeld. Dazu solle es einen Mindestlohn von 8,50 Euro geben, fordert der DGB. Dann gäbe es für Arbeitgeber keinen Anreiz mehr, Arbeitsplätze auf ganz viele kleinere Mini-Jobs mit Dumpinglöhnen aufzusplitten.

Das sind aber erst mal nur Vorschläge des DGB. Im Koalitionsvertrag von Union und FDP steht dagegen, dass sie Mini-Jobs stärken wollen. Die Koalition will die Einkommensgrenze für Minijobs in diesem Jahr von 400 auf 450 Euro anheben.

Quelle: tagesschau.de vom 15.03.2012