Problem Neoliberalismus

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(ver.di) Der französische Präsident Hollande steht unter Druck. Bundeskanzle­rin Merkel, die EU-Kom­mission und Unternehmerverbände fordern, dass er auf ihren neoliberalen Kurs einschwenkt: Kürzung öffentlicher Ausgaben und Steuer- und Lohnkos­tensenkungen für Industrie.

Das soll Frankreichs Wirtschaft auf Trab bringen. Dabei folgte die französi­sche Loh­nentwicklung fast perfekt dem verteilungsneutralen Spielraum: Steigen die Löhne im Gleichschritt mit Produktivität und Inflation, verteilt sich der wirtschaftliche Zuwachs gleichmäßig auf Beschäftigte und Unternehmen. Das hat – anders als in Deutschland – die Nachfrage gestärkt und mehr Wachstum und Jobs gebracht.

Das wahre Problem Europas ist die schlechte Lohnentwicklung in Deutschland. Sie trieb die Exporte, aber schwächte gleichzeitig die Nachfrage – auch nach Gütern aus anderen Ländern. Damit hat die größte Wirtschaftsmacht der EU andere Euroländer in steigende Handelsdefizite und Verschuldung getrieben.

Jetzt zwingt Merkel ganz Europa eine brutale Kürzungspolitik auf. Diese ist unsozial und ungerecht und verschärft auch noch die wirtschaftliche Krise in immer mehr EU-Ländern. Ein Kurswechsel ist nicht in Frankreich, sondern in Deutschland nötig: kräftig steigende Löhne, mehr Sozialstaat, gerechte Politik. Geld ist genug da – es haben nur die Falschen.

(Wirtschaftspolitik, 19. November 2012)