Sozialpolitik

Geförderte Beschäftigung, oder wer verdient an der Armut?

Geschrieben von Robert Trettin. Veröffentlicht in Sozialpolitik

 Millionen Menschen sind auf Transferleistungen angewiesen, allein ca. 8 Millionen Menschen können nicht von ihrer Arbeit leben, sie bekommen zusätzliche Leistungen der SGB II Träger. Das Heer der Arbeitslosen soll durch ein Heer von Sozialarbeitern, Sozialpädagogen und andere Institutionen beseitigt oder zumindest verringert werden. Öffentlich geförderte Beschäftigung ist das Zauberwort. Mag sein, dass dadurch der ein oder andere wieder eine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt findet, die Wahrscheinlichkeit, dass dieser ein oder andere auch ohne geförderte Beschäftigung eine bedarfsdeckende Tätigkeit auf den 1. Arbeitsmarkt findet, ist so gut wie sicher.

Nun sollen insbesondere Langzeitarbeitslose durch die geförderte Beschäftigung wieder eingegliedert werden. Die Arbeitsgelegenheit ist in der Wirklichkeit eine versteckte Subvention für Arbeitgeber, die für die Beschäftigung von Ein Euro-Jobbern bis zu 500 € monatlich an Steuergeldern aus dem Topf des Arbeitsministeriums bekommen. Vornehmlich karikative und speziell von den Kommunen zu diesem Zweck gegründete Einrichtungen partizipieren an diesen so genannten Eingliederungsmaßnahmen. Die Erkenntnis, dass Arbeitsgelegenheiten inzwischen gesetzwidrig Arbeitsplätze vernichten, weil mit Ihnen reguläre Arbeitsplätze vernichtet werden, oder aber völlig unsinnige Tätigkeiten umfassen, deren Sinnlosigkeit das Gegenteil von Motivation erreicht, ist inzwischen Allgemeinwissen.

Vor einiger Zeit war in den Foren einiger Erwerbsloseninitiativen zu lesen, dass schwangere Frauen unter Androhung von Sanktionen in eine Arbeitsmaßnahme gedrängt wurden. Im Fall der Schwangeren, die in einer Großküche ihren Ein Euro Job antreten sollte, liegt die Missachtung gesetzlicher Vorgaben ganz eindeutig bei der vermittelnden Sachbearbeiterin des Jobcenters. Es gibt in Großküchen keine Arbeiten, die den gesetzlichen Vorbehalt der "Gemeinnützigkeit und Zusätzlich" erfüllen, ganz abgesehen von dem Umstand, dass eine Schwangere die schwere Arbeit in einer Großküche auch aus Mutterschutzgründen nicht ausführen darf. Der grundlegende Fehler, Schwangere in einen Ein Euro Job zu vermitteln, liegt aber in der Tatsache begründet, dass diese Eingliederungsmaßnahme völlig sinnlos ist, weil kein Arbeitgeber heutzutage noch eine Schwangere neu einstellt, weil die zu erwarteten Ausfallzeiten (Mutterschutzbestimmungen vor und nach der Schwangerschaft) eine Planstelle für einen absehbaren Zeitraum (grundsätzlich 14 Wochen, aber bei Elternzeit noch weit darüber hinaus) bei vollem Lohnausgleich für die ersten 14 Wochen blockieren. Eine Eingliederung der Schwangeren in den 1. Arbeitsmarkt ist daher nicht zu erwarten, was die Arbeitsgelegenheit wiederum zu einer nicht zu rechtfertigenden Maßnahme werden lässt.

Problemfeld Alkoholismus, verstärkt wurden Arbeitsmaßnahmen für Alkoholiker angelegt. Alkoholismus, wenn es dann eine Krankheit ist, ist nicht behandelbar, schon gar nicht durch Arbeitsmaßnahmen. Dennoch ist Alkoholismus ein Vermittlungshemmnis, wohl kaum ein Arbeitgeber wird einen Alkoholiker einstellen, der noch an der Flasche hängt.

Festzuhalten ist: Die einzigen Profiteure sind letztlich die Beschäftigungsträger, sie verdienen durch die sogenannte Regiemittel in einem nicht unerheblichen Maße. Außerdem soll die Arbeitsgelegenheit eine Hilfe darstellen, die Arbeitslosen wieder in den 1. Arbeitsmarkt zu integrieren. Die Erfolgsquote dieser gesetzlichen Zielsetzung ist derart minimal, dass sie längst abgeschafft gehörte. Bei der Überprüfung von Integrationsmaßnahmen durch Ein Euro Jobs (Arbeitsgelegenheiten) stellte der BRH fest, dass rund 2 Drittel dieser Maßnahmen die Förderungsbedingungen nicht erfüllten und es sich zumeist um Vermittlungen handelte, mit welchen öffentliche Träger Arbeitskräfte einsparen oder bestehenden Personalmangel ausgleichen wollten. Letztlich geht es also lediglich um die Mitnahme von staatlichen Fördermitteln (Regiemittel bis zu 500,- Euro pro Teilnehmer und Monat). Dabei waren Integrationserfolge in 75% der Fälle nicht zu verzeichnen. Der Ein Euro Job kostet dem Steuerzahler im Durchschnitt monatlich:

Aufwandsentschädigung: 190,- Euro

Regiemittel im Durchschnitt: 230,- Euro

Gesamt: 420,- Euro

Wäre nicht sinnvoller hierfür einen regulären Arbeitsplatz zu schaffen zum Beispiel beim Grünflächenamt der Kommune? Hier werden, zumindest in den Berliner Bezirken, reguläre Arbeitsplätze durch fast ausschließlich ein Euro Jobber ersetzt. Das wäre doch anhand dieser Rechnung zu überlegen:

Ein Alleinstehender bekommt folgende Leistungen:

Regelsatz 382,00 €

Kosten der Unterkunft 400,00 €

Als 1 € Jobber 190,00 €

GKV Beitrag 125,00 €

Pflegevers. 15,00 €

Regiemittel 250 €

 Gesamt:1.362,00 €

Das ergibt einen Stundenlohn von 11,35 €

Fazit:

Die Wohlfahrtsverbände sind erfolgreich darin, Krisenphänomene erst zu erfinden, um dann die Leistungen zu ihrer Lösung anzubieten. Das was wir brauchen sind Arbeitsplätze mit einem bedarfsdeckenden Einkommen, durch Arbeitsmaßnahmen wurde ein solcher Arbeitsplatz noch nie geschaffen, sondern eher vernichtet. Dass das Arbeitsministerium durchaus nicht immer auf der Basis des Grundgesetzes arbeitet ist bewiesen. Es wäre an der Zeit, dass ein Gericht endlich mal die Courage aufbrächte, auch das Thema Arbeitsgelegenheiten dem BVerfG vorzulegen, weil diese sicherlich nicht mit Art. 2 und 12 GG vereinbar sind. Auch die Sanktionspraxis dürfte mit dem GG nicht vereinbar sein, das eine Unterschreitung des Existenzminimums verneint.