Sozialpolitik

20.05.2014 Kommunale Finanzen: Nationale Armutskonferenz warnt vor dem weiteren Verfall öffentlicher Infrastruktur und fordert eine verlässliche Finanzierung sozialstaatlicher Aufgaben

Geschrieben von Christian Böhme. Veröffentlicht in Pressemitteilungen

Die Nationale Armutskonferenz (nak) warnt anlässlich einer Fachtagung in Berlin vor den Folgen der desolaten Finanzlage der Kommunen. Gerade dort, wo die Not der Menschen am größten sei, fehle das Geld für nachhaltige Hilfen und Angebote. Angesichts der Haushaltslöcher in den Kommunen fordert die nak die Bundesregierung auf, ihre sozialstaatlichen Aufgaben wahrzunehmen, Steuerhinterziehung konsequenter zu bekämpfen und höhere Einkommen und Erbschaften stärker zu besteuern.

„Die Kassen der Kommunen und Länder sind leer. Es fehlt Geld zur Armutsbekämpfung, für den sozialen Wohnungsbau, für Bildung, Pflege und Gesundheit“, sagt Joachim Speicher, Sprecher der Nationalen Armutskonferenz. Die Folge sei eine Abwärtsspirale in den betroffenen Regionen. Wenn soziale Hilfen und Angebote aufgrund der klammen Kassen noch weiter abgebaut werden, habe dies katastrophale Folgen für die Menschen vor Ort, warnt die nak.

„Statt die Kommunen durch die Schuldenbremse noch stärker unter Druck zu setzen, muss die Bundesregierung ihrer sozialstaatlichen Aufgabe nachkommen und für gleichwertige Lebensverhältnisse sorgen“, so Speicher. Dies schreibe auch die Verfassung vor. Stattdessen ersetze zunehmend private Mildtätigkeit staatliche Verantwortung, Notfallhilfe nachhaltige Sozialpolitik, Barmherzigkeit soziale Rechte. Die nak fordert den Bund auf, die Kommunen finanziell stärker zu entlasten. Denn gerade konkrete Hilfen für Familien, Schuldner- und psychosoziale Beratungsangebote und Angebote in benachteiligten Quartieren wirken präventiv und könnten dazu beitragen, Armut und soziale Ausgrenzung zu überwinden.

„Um der sozialen Ungleichheit unserer Gesellschaft entgegenzuwirken, kommen wir an einer höheren Besteuerung von Reichtum und einem konsequenten Kampf gegen Steuerbetrug und Steueroasen nicht vorbei“, sagt Joachim Speicher, „statt mit weiteren Kürzungen die Situation noch zu verschärfen, muss in die soziale Infrastruktur investiert werden. Andernfalls drohen ganzen Regionen und den Menschen vor Ort völlige Perspektivlosigkeit.“

Christian Böhme
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Pressesprecher der Nationalen Armutskonferenz (nak)
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Der Dumme ist immer der Kleene

Geschrieben von Oswald Sigg. Veröffentlicht in Allgemeines

Hartz IV ist erfunden worden, um der deutschen Wirtschaft billige Arbeitskräfte zu vermitteln. Wir haben es mit einer Art Zwangsarbeit zu tun, sagt Jürgen We­ber, Vorstandsvorsitzender des Vereins Hartz-IV-Betroffene, im Interview das Oswald Sigg mit ihm in Potsdam führte.

Wie kommen Sie eigentlich dazu, sich gegen HartzIV einzusetzen?

Sagen wir das mal so: mit der Einführung des HartzIV-Satzes 2005 ? ich war ja schon vorher arbeitslos gewesen ? wurden alle Sozialsysteme in ein kompaktes Programm verpackt. Und dies natürlich auch, um Geld zu sparen. Zum Beispiel wenn man früher einen Kühlschrank brauchte, ne Wasch­maschine oder wie auch immer:
Da ist man dann zum Amt gegangen, dort wurde ein Antrag gestellt, der wurde genehmigt, dann konnte man sich das kaufen und das wars. Heute gibt?s das nicht mehr. HartzIV-Empfängern steht keine Waschma­schine, kein Kühlschrank zu, weil er nicht im Regelsatz drin ist. Das sind schon ganz verrückte Sachen. Also gut, jedenfalls 2005, da winkte mal wieder ein Lehrgang. Und da sollte ich zum sechsten Mal lernen, wie man eine Bewerbung schreibt. Das Wasser stand uns ja nun schon bis Oberkante Lippe und dann haben wir gesagt: nee, den Zirkus machen wir nicht mehr mit. Also, was machen wir am besten? Wir gründen einen Verein.

Und zu welchem Zweck wollten Sie den Verein gründen?

Wir wollten eigentlich mit den zuständigen Stellen ? den Job-Centern ? zusammenarbei­ten. Also zum Beispiel den Neuen helfen, die Anträge zu formulieren. Damit sie im Job-Center nicht so viel Arbeit haben. Aber die Job-Center haben die Zusammenarbeit abgelehnt und wir haben gesagt: wenn die nicht wollen, wollen wir och nicht. Wir sind dann dazu übergegangen, nicht nur die Anträge sondern auch die Bescheide (Entscheide des Jobcenters) zu kontrollieren. Das betraf immer den Regel­satz und die Kosten für Unterkunft und Heizung.

Hartz IV oder die deutsche Unterschicht

Geschrieben von Oswald Sigg. Veröffentlicht in Allgemeines

Ein Bericht über Aspekte des Hartz IV-Systems in Deutschland und ein Inter­ view mit dem Vorsitzenden der Widerstandsorganisation "Hartz-4-Betroffene e.V."

Im Spätsommer 2011 und rechtzeitig vor den Nationalratswahlen malte einer der SVP-Senkrechtstarter den Teufel an die Wand: "Bald kommen die Hartz IV-Empfän­ger in die Schweiz". Dem "Blick" verriet Heinz Brand: "Das Schweizer Sozialsystem ist immer noch erheblich attraktiver als die deutsche Sozialhilfe." Deshalb stehe die massen­hafte Einwanderung "deutscher Unterschichten" kurz bevor. Was Hartz IV eigentlich ist, weiss bei uns ohnehin niemand. Wenn Brand es mit deutscher Unter­- schicht-Fürsorge konnotiert, kann man wenigstens im sozialpolitischen Smalltalk wieder etwas mitreden.

Letztes Jahr, beim Unterschriften sammeln für die Grundeinkom­mensinitiative, sagte mir ein interessierter Bürger: "Grundeinkommen -  dann haben wir Hartz IV auch in der Schweiz." Und nährte damit meine Zweifel an der Brand`schen Definition. Anfangs dieses Jahr war ich in Berlin und nützte die Gelegenheit, um mich im nahen Potsdam bei Jürgen Weber über Hartz IV zu erkundigen. Er ist Gründer und Vorsit­zender des Vereins Hartz-IV-Betroffene e.V. und wohnt und arbeitet ganz in der Nähe des Bahnhofs der südwestlich von Berlin gelegenen Hauptstadt des Landes Brandenburg.

Ein ungehorsamer Langzeitarbeitsloser

Offiziell ist Weber ein Langzeitarbeitsloser. Er findet allerdings, er sei ein Arbeit-Su- chen­der und seine Aufklärungsarbeit, die er tagtäglich seit bald zehn Jahren macht, müsste eigentlich bezahlt werden. Weil aber diese Arbeit ihn aus der "Hilfebedürf­- tigkeit" nicht befreit, gilt sie nicht als Arbeit, eine von Dutzenden ideolo­gisch gefärbter Grundregeln des Hartz IV-Systems. Weber ist ein militanter Hartz IV-Empfänger. Er engagiert sich auch noch im Armutsnetzwerk e.V., wo er besonders rechtliche Fragen betreut, sowie im kommunalpolitischen Forum des Landes Branden­burg und in der Landesarmutskonferenz Brandenburg. Für ihn selbst am wertvollsten in all die­sen Tätigkeiten sind die sozialen Kontakte. Denn als Hartz IV-Betroffener sei man "ganz einfach weg von allen und allem".

Nun sitzt er auf seinem "Fuffzig-Euro-Stühlchen" vor dem Computer in seiner Platten­bau-Wohnung und berät seine LeidensgenossInnen und schreibt Vorträge. Das Mass aller Hartz IV-Dinge ist der Regelsatz. Der Regelsatz ist in Geld gemessen die Summe, die ein bedürftiger Mensch aus öffentlichen Mitteln erhält, um ein men­- schenwürdiges Leben führen zu können. Weber hat letzthin in einem Radiointer­view ausgerechnet, was man als Hartz IV-Betroffener pro Monat so zum Leben verbrau-chen kann: 391 Euro. Allein für Nahrungsmittel zum Beispiel reicht dieser Regel­satz aus für tägliche Ausgaben fürs Essen in der Höhe von 4.63 Euro. Wenn das nicht reicht, können die Betroffenen zur Tafel gehen. Die Tafel wiederum ist eine gemein­nützige Hilfsorganisation, die jene Lebensmittel, die im Wirtschaftskreislauf nicht mehr verwendet und ansonsten vernichtet würden, an Bedürftige verteilt oder gegen einen geringen Preis abgibt. Ein Riesengeschäft für Lebensmittel- und Entsor­gungs­- unternehmen, sagt Weber, und macht auf die Preissteigerung im Bereich Nah­rungs­mittel aufmerksam, die im Regelsatz seit 2011 unberücksichtigt geblieben ist. Die Regelsätze werden gemäss den Ausgaben der untersten 15% der Lohnempfän­ger berechnet. Man hat also nicht den Mindestlohn von 8.50 Euro als Basis genom­men, sagt Weber hiezu, weil sonst das "Lohnabstandsniveau" nicht erreicht wäre. Das "Lohnabstandsgebot" bezeichnete eine bis Ende 2010 gültige gesetzliche Regelung, wonach bei Haushaltsgemeinschaften von Ehepaaren mit drei Kindern die Re­gels­ätze der Sozialhilfe unter den erzielten monatlichen durchschnittlichen Nettoar­beits­entgelten unterer Lohn- und Gehaltsgruppen in einer entsprechenden Haushaltsge­- meinschaft mit einer alleinverdienenden vollzeitbeschäftigten Person bleiben. In der Praxis bleibt offenbar der preussisch-bürokratische Geist dieser inzwi­schen aufgeho­benen Paragraphen erhalten. Und die Berechnung der einzelnen Regel­satz­kate­go­rien ist noch immer nicht nachvollziehbar.

Der Regelsatz ein Witz

Ohnehin wird die Berechnung der deutschen Sozialhilfe über das Konstrukt des Re­- gelsat­zes geradezu in fundamentaler Weise kritisiert. "Die Hartz IV-Regelsätze sind ein Witz", sagt Jürgen Weber. In den Medien wird darauf verwiesen, dass die Ein­kommens- und Verbraucherstichprobe ursprünglich nicht dafür konzipiert worden war, der Bestimmung von existenziellen Bedürfnissen zu Grunde gelegt zu werden. Die Anhebung der Regelsätze sei willkürlich und der vorangegangenen innenpoliti­schen Diskussion geschuldet gewesen: "Die Union hatte fünf, die SPD elf Euro vorge­schla­gen - am Ende einigte man sich in der Mitte."Einige Beobachter vermuten, hinter der Bemessung der Leistungen seien Rechentricks angewandt worden, um die Ausga­ben für soziale Zwecke nicht noch deutlicher anheben zu müssen. Auch wurde kriti­siert, dass die verdeckte Armut von Personen, deren Einkommen nur unwesentlich unterhalb des Regelbedarfs liege und die deshalb darauf verzichte­ten, Leistungen zu beantragen, von der Statistik nicht berücksichtigt werde. Dies führe zu einer Verzer­rung der Bedarfsermittlung.

Die regelmäßige Anpassung der Leistungen über einen Mischindex, der auf der Preisent­wicklung und auf der Entwicklung der Nettolöhne beruht, bewirke unhaltbare Verzerrungen in den statistischen Berechnungen. Wenn die Nettolöhne stagnieren, wirke sich dies auch auf die Ausgaben und damit auf die Ergebnisse der Einkom-­ men- und Verbraucherstichprobe aus. Es wäre deshalb sachgerechter gewesen, die Anpassung der Leistungen ausschließlich an die Preisentwicklung zu binden. Besonders scharf wurde in der Öffentlichkeit die inkonsequente Anwendung der Statis­tik kritisiert. Wenn aus dem ermittelten Bedarf einfach Ausgaben für Alkohol, Ta­bak, Schnittblumen, Hundefutter oder für chemische Reinigung als nicht "regelbe­darfs­relevant" gestrichen würden, so führe die methodische Mischung von Statistik und Warenkorb zu einem allzu niedrigen Existenzminimum. Wenn dann noch der gesetzlich erforderliche Inflationsausgleich zu spät erfolge, sei der tatsächli­che Bedarf der Betroffenen in keiner Weise sichergestellt.

Hartz IV-Betroffener 391 Euro; Mitglied des Bundestags 9082 Euro

Dem fügt Jürgen Weber hinzu, dass der Hartz IV-Empfänger trotz seines faktischen Daseins am Rande oder unter dem Existenzminimum betrieben und gepfändet wer­den könne. Denn die 391 Euro monatlich gälten als "kulturelles" Existenzminimum. Das "reale" Existenzminimum liege hingegen bei 60% des Regelsatzes. Da sind wir dann bei realen 240 Euro monatlich. Weber weist darauf hin, dass sich die Abgeordne­ten des Deutschen Bundestags eben eine Gehaltserhöhung von monat­lich 830 Euro auf 9082 Euro bewilligt haben. Im Interview mit dem Moderator der Radio­sen­dung "Der Wendeberater" erklärt darauf der Moderator, es sei doch erstaun­lich in welch kurzer Zeit ein solcher Beschluss im Parlament gefasst werde, während allzu viele Menschen in Deutschland auf die Voraussetzungen eines Lebens in Würde warten und warten müssen. Ja, aber was soll denn dieser Vergleich? Auf den Bundestag ist Weber gar nicht gut zu sprechen. Für ihn sitzen dort die System-Ver­ant­wortlichen, die dieselbe Staatskasse zu ihren Gunsten plündern, aus der sie die Hartz IV-Betroffenen mit einem mickrigen Trinkgeld abspeisen. Erst durch Recher­chen im Internet ist mir aufgefallen, dass es neben den Bezügern und den Betroffe-nen noch eine dritte Hartz IV-Kategorie gibt, die mir gegenüber Jürgen We­ber mit keinem Wort erwähnt hat: das sind die Opfer.

Mehr darüber unter http://dieopferderagenda2010.wordpress.com/ und http://schindersliste.wordpress.com/.
(Quellen: Wikipedia, rtl.de, ntv.de, http://www.der-wendeberater.de/, hartz-4-be-­ troffene.de)

4,5 Millionen Hartz IV-EmpfängerInnen

In Deutschland gibt es 4.402.718 Hartz IV - EmpfängerInnen oder je nach Betrach­tungsweise Hartz IV-Betroffene. Sie erhalten das Arbeitslosengeld II (ALG II) weil sie ein geringes oder gar kein Einkommen haben. Die Höhe des ALG II orien­tiert sich nicht am früheren Erwerbseinkommen einer Person. Sie ist eine steuerfinan­zierte Leistung, die das Existenzminimum sicherstellt. Das ALG II umfasst den Regelbedarf und den Bedarf an Unterkunft und Heizung. Auch die Krankenversiche­rungsbeiträge werden übernommen. Die Höhe des Regelbedarfs richtet sich danach, ob man alleine, mit einem (Ehe-)Partner oder als Erwachsener im Haushalt eines anderen lebt. Bei Kindern ist das Alter maßgeblich. Die Regelbe­darfe betragen zwischen 229 und 391 Euro (Stand Januar 2014).

Darüber hinaus werden die Kosten für Unterkunft und Heizung übernommen, soweit sie angemessen sind. Arbeitslosengeld II wird nur auf Antrag gewährt. Einen Antrag kann jeder hilfebedürftige Erwerbsfähige im Alter von 15 bis 65 bzw. 67 Jahren beim zuständigen Jobcenter stellen. Eigenes Vermögen muss bis zu einer Schongrenze vorher aufgebraucht werden. Umgangssprachlich wird das Arbeitslosengeld II häufig als Hartz IV bezeichnet, weil es sich dabei um die vierte Stufe im sogenannten "Hartz-Konzept" der Agenda 2010 handelt.

(Red. So beschreibt das Hilfswerk Caritas www.caritas.de das hochkomplexe Hartz IV-System.)

SO ODER SO IST DAS LEBEN

Geschrieben von Dieter Puhl. Veröffentlicht in Obdachlos

Berlin, City West – die Stadt boomt und pulsiert wieder, Aufschwung zum Anfassen, an allen Ecken und Kanten – ist alles so schön bunt hier.

Das Waldorf Astoria überragt mit 118 Metern alles, die Präsidentensuite im 31 Stockwerk kostet 12 000.- pro Nach. Gegenüber hat am 3. April das Bikini Haus eröffnet, Shopping Center und Luxus Meile – man könnte meinen, der Slogan lautet: was brauchen wir alles nicht? Aber das im Überfluss! Überall wird gebaut, der Kudamm litt lange   20 Jahre an schlaffem Muskelgewebe, Viagra, BMW und Botox und Investoren verhalfen zu neuem Glanz,  ist nur 100 Meter entfernt.

Um die Ecke liegt der Bahnhof Zoo, die Deutsche Bahn investiert in den nächsten 2 Jahren und saniert für 25 Millionen, neue Cafes, Ladenzeilen entstehen, alles wird heller und schöner, lichtdurchflutet.
So oder so ist das Leben,
so oder so ist es gut.
So wie das Meer ist das Leben,
ewige Ebbe und Flut.
Der stille Beobachter und Zuhörer vernimmt, auf der Rückseite in der Jebensstraße sind die Lichtverhältnisse anders, der Sound der Stadt ist punkiger, laute Töne von Nina Hagen „Auf`m Bahnhof Zoo im Damenklo“ …süßes Kind,  sag geschwind, er bistn du?…mischen sich mit David Bowie „Helden“… niemand gibt uns eine Chance…

Christiane F steht hier schon seit 40 Jahre nicht mehr; jeden Tag stehen hier aber 500 wohnungslose und verarmte Menschen und an etlichen Tagen auch deutlich mehr. Weil sie Hunger haben, weil sie frieren, weil sie allein und einsam sind, weil sie nicht mehr wissen, ob sie Stefan oder Udo heißen, nicht wissen ob sie in Tokio, Berlin oder Kopenhagen leben, weil sie neben der Spur sind, entgleist am Bahnhof Zoo.

Jeden Tag stehen sie vor der Bahnhofsmission Zoologischer Garten und viele behaupten, das sei ihr Wohnzimmer.

Wenn duplo die größte Praline der Welt ist, ist das hier die größtes Einrichtung für wohnungslose Menschen in Europa.

Dark Side of the Moon!

Herzlich willkommen in der Schmuddel Ecke vom Bahnhof Zoo.

Und musst du leiden,
dann beklag dich nicht ,
du änderst nichts daran.

Einmal im Jahr feiert die Einrichtung ihren Tag der offenen Tür, um ihren Gästen etwas Abwechslung zu bieten, im täglichen Einerlei, im Grau, im Trott. Damit nicht genug, viele weitere Gäste werden eingeladen, interessierte Menschen, Neugierige, Zögernde, Kritiker, Freunde, Netzwerker, Junge und Alte, Berliner halt. Das Wunschdenken, der Anspruch ist recht hoch. Alle sollen sich mischen, beschnuppern, friedlich miteinander klarkommen, mehr noch, sie sollen Wertschätzung füreinander entwickeln. Denn: die haben doch selbst Schuld, es muss doch niemand wohnungslos sein, denken viele, eigentlich die meisten. Umdenken ist gewünscht.

8.30. der erste Gast trifft ein, eine 25 jährige, hübsche Frau, zurückhaltend, eher schüchtern. Sie hat etwas in der Zeitung von diesem Tag gelesen, möchte sich vor Ort informieren. Hat einen kleinen Rollkoffer dabei. Auf den Inhalt angesprochen erwidert sie: „ Ich bin Domina, komme gerade von einem Klienten Besuch, darin sind meine Arbeitsutensilien.“ Als ihr ein Kaffee angeboten wird entgegnet sie charmant lächelnd, „Gerne, aber zacki, zacki bitte.“

Du musst entscheiden,
wie du leben willst,
nur darauf kommt es an.

Es gibt Momente, die geben Richtung – und hier entschied sich, das wird ein guter, interessanter Tag.

50 ehrenamtliche Helfer ackerten, schwitzten, halfen, viele Praktikanten  waren dabei. Eine bunte Mannschaft: arm und reich, jung und alt, strukturiert oder leicht gaga, Christen, Muslime, Juden, Heidenkinder, alles vertreten – eine wahrlich bunte Mannschaft.  Friedvolle Großstadtmetropole in einem kleinen Biotop!

Am Zoo wissen sie es, sie erhalten viel Besuch aus Europa, an vielen Orten hauen Bullen Pennern auf die Nase und umgekehrt.

Hier aber standen ab 10.00 „Polizisten für Obdachlose“ vor der Tür und verteilten in eigenen Reihen gesammelte Bekleidung. Und es gab viele Umarmungen – zwischen Polizeibeamt_innen und wohnungslosen Menschen; denn, man kennt sich und schätzt sich.

Zeitgleich wurde der Grill angeschmissen, die Berliner Tafel hatte vorgesorgt,  über den Tag wurden 3000 Menschen verdammt gut versorgt.

Hier half auch die Deutsche Bahn u.a. mit 50kg Tafelspitz, Würstchen und anderen Leckereien. Den Tafelspitz bereitete  das Waldorf Astoria zu, es halfen Spreequell und die Türkische Gemeinde Deutschland und die BB Dönermanufaktur Berlin-Brandenburg mit 2000 Portionen Döner, es half die psd Bank – und es halfen auch enorm viele Berliner mit Kuchenspenden, Kaffee, Lebensmitteln. Breite Netzwerke. Beim Thema Wohnungslosigkeit rückt die Stadt emotional zusammen, nicht nur im Winter. Wohnungslose Menschen benötigen 12 Monate im Jahr Hilfe, Unterstützung, Beistand.

Für dies war das ein besonderer Tag, viele hatten sich „schön gemacht“ und sie begingen den Tag feierlich, galt ihnen schließlich und letztendlich doch auch die Aufmerksamkeit.

„Danke, das ist mein erster Döner seit 15 Jahren, kann ich mir sonst nicht leisten,“ sagte der eine, „das war eine schöne Abwechslung,“ meinen viele.

Heute nur glückliche Stunden,
morgen nur Sorgen und Leid.

Oliver Saar mit Cool Jazz, später dann Heart of Gold mit Rock und Soul; dazwischen, die Bahnhofsmission Zoo ist eine kirchliche Einrichtung, die Berliner Stadtmission ist  Träger, die Andacht mit Stadtmissionsdirektor Hans-Georg Filker, „Ohne Jesus läuft hier gar nichts“.  24 Stunden geöffnet, an 365 Tagen im Jahr, Jesus ist der Chef, ist immer da., lädt alle ein. Immer.

3000 sehr unterschiedliche Menschen verbringen anders einen Tag miteinander, auf Augenhöhe, ein Tag ist das nicht die Schmuddelecke vom Bahnhof Zoo.

Könntest du schwimmen, wie Delphine, Delphine es tun.

An diesem Tag ist der Sound der Jebensstraße zärtlicher.

Mitglied werden

Geschrieben von Dietmar Hamann. Veröffentlicht in Allgemeines

Liebe Interessenten,

das Armutsnetzwerk will zukünftig die Projektarbeit verstärken. Wir möchten eigene Projekte im Rahmen der Armutsbekämpfung ins Leben rufen und laufende unterstützen. Wir sind in allen Bundesländern und europaweit aktiv.

Dazu brauchen wir die Hilfe vieler. Auch Ihr könnt uns bei der Realisierung helfen. Werdet Mitglied im Armutsnetzwerk e.V. Auf unserer Webseite  findet Ihr alles Notwendige für eine Vereinsmitgliedschaft.

In der Zeit vom 20.-22.Juni 2014 findet ein Arbeitstreffen unseres Vereins in Sulingen, unserem Vereinssitz statt. Als Mitglied seid Ihr herzlich eingeladen. Außer einem Beitrag von 20 EUR entstehen Euch keine Kosten.

Die Nationale Armutskonferenz (nak) möchte den Kandidatinnen und Kandidaten für die Europawahl ein Versprechen abnehmen

Geschrieben von nak. Veröffentlicht in Allgemeines

EAPN Germany calls on candidates to commit to EAPN’s pledge

EAPN Germany started today (April 15) calling on German candidates to the European Elections to commit to the fight against poverty, exclusion and inequalities. The German network has designed a national version of the campaign’s postcard and of the manifesto which candidates will commit to by signing them.

EAPN Germany will be on board on 9th May, on the occasion of the Electing Champions Campaign common action date.

 

Die Nationale Armutskonferenz (nak) möchte den Kandidatinnen und Kandidaten für die Europawahl ein Versprechen abnehmen

Am 15 April rief die Nationale Armutskonferenz die Kandidatinnen und Kandidaten für die Europawahl auf, sich gegen Armut, Exklusion und Ungleichheiten einzusetzen. In Anlehnung an die Europawahl- Kampagne des European Anti-Poverty Network (EAPN), bei der die Kandidatinnen und Kandidaten über eine Postkarte aufgefordert werden,  vier Forderungen zuzustimmen, gestaltete die nak ihre eigene deutsche Version, die von einem Erläuterungspapier begleitet wird. Stimmen die Kandidatinnen und Kandidaten zu, dann versprechen sie, dass sie sich dafür engagieren, den Kampf gegen Armut, soziale Ausgrenzung und Ungleichheiten zu einer der Prioritäten des Europäischen Parlaments und der EU-Politik zu machen. Dass sie im Europäischen Parlament die Entwicklung einer europäischen Strategie zur Armutsbekämpfung unterstützen und für eine jährliche Anhörung im Europäischen Parlament mit Menschen, die von Armut und sozialer Ausgren­zung betroffen sind, eintreten. Denn das soll die Umsetzung und den Fortschritt dieser Strategie begleiten.

Antwortpostkarte

08.04.2014 Europäischer Hilfsfonds für die am stärksten von Armut betroffenen Personen (EHAP)

Geschrieben von Christian Böhme. Veröffentlicht in Pressemitteilungen

Die Nationale Armutskonferenz begrüßt den Fonds und fordert die gezielte Verwendung der Mittel zur Bekämpfung extremer Armut

Anlässlich der derzeit im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) stattfindenden Gespräche mit Verbänden und Interessenvertretern begrüßt die Nationale Armutskonferenz (nak) den Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten von Armut betroffenen Personen (EHAP) in Deutschland und fordert die Bundesregierung auf, die Mittel ausschließlich zur Bekämpfung extremer Armut zu verwenden.

„Wir begrüßen den Hilfsfonds, da die EU damit endlich Maßnahmen zur allgemeinen sozialen Integration der benachteiligten Gruppen fördert und nicht ausschließlich die Integration in den Arbeitsmarkt anstrebt,“, sagt Joachim Speicher, Sprecher der Nationalen Armutskonferenz (nak). Der Hilfsfonds solle sicherstellen, dass die Grundbedürfnisse der ärmsten Menschen in Europa nach Nahrung, Kleidung und anderen materiellen Hilfen gedeckt werden. In Deutschland sollen mit den Mitteln des Fonds ausschließlich Hilfen zur sozialen Integration gefördert werden. „Die Bundesregierung darf den Fonds aber nicht missbrauchen, um die Kommunen bei der Zuwanderung von Menschen aus Ost- und Südeuropa finanziell zu entlasten“, warnt Speicher. Hier müsse die Regierung zusätzliches Geld in die Hand nehmen, um die Hilfs- und Beratungsangebote der Kommunen zu stärken.

Darüber hinaus müsse die Bundesregierung die Schwerpunkte des Förderprogramms, die derzeit erarbeitet werden, entsprechend ihres Auftretens in Deutschland festlegen: „Der Hilfsfonds muss daher v.a. Menschen in Wohnungsnot, in Überschuldung und Langzeitarbeitslose unterstützen“, so Joachim Speicher, „aber auch Menschen mit Folgeproblemen der Migration und arme und benachteiligte Familien mit Kindern sowie Alleinerziehende.“ Die nak fordert das BMAS auf, Verbände und Interessenvertreter wie die nak rechtzeitig und maßgeblich an der Ausgestaltung des Fonds zu beteiligen. So sei es auch in der entsprechenden EU-Richtlinie vorgesehen.

Hintergrund: Das Europäische Parlament hat Ende Februar einer Vereinbarung mit dem Ministerrat über den Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten von Armut betroffenen Menschen (EHAP) zugestimmt. Dem Fonds stehen 3,5 Milliarden Euro für den Zeitraum von 2014 bis 2020 zur Verfügung. Mit dem Geld werden Nahrungsmittel, die materielle Grundversorgung und weitere Sozialleistungen für die am stärksten benachteiligten Menschen in Europa finanziert. Der Europäische Hilfsfonds ersetzt das EU-Programm für Nahrungsmittelhilfe.

Im Jahr 2011 waren in der Europäischen Union rund 120 Millionen Menschen von Armut und Ausgrenzung bedroht.

Christian Böhme
Nationale Armutskonferenz (nak)
c/o Der PARITÄTISCHE Wohlfahrtsverband Hamburg e.V.
Tel.: 0172/4181982
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www.nationale-armutskonferenz.de

Opfer der Agenda 2010

Geschrieben von Jürgen Weber. Veröffentlicht in Allgemeines

Performance in Hamburg

Die Hamburger Mitstreiter vom Aktionsbündnis "Wir sind Boes Hamburg.de" luden den Wendeberater, KIKE MA FILM BERLIN und mich nach Hamburg ein, um die Performance "Opfer der Agenda 2010" vor zu stellen.
Also machten wir uns um 08:00 Uhr auf, um nach Hamburg zu fahren. Das war gar nicht so einfach bei dem Nebel.
Aber wir schaften es pünktlich in Hamburg an zu kommen, und beim Veranstaltungsort ein Parkplatz zu finden.
Der Zeitpunkt zur Aufstellung der Kreuze war gut gewählt, da hier die Auftaktveranstaltung der SPD zum Europawahl statt fand.
Nach dem alle Kreuze aufgestellt waren, wurden die Namen der Opfer und warum sie Gestorben sind vorgelesen und mit einer roten Nelke bedacht. Alle Teilnehmer legten danach eine Schweigeminute ein.
Immer mehr Passanten schauten sich die Kreuze an und wollte mehr über unsere Aktion wissen. Einige waren über die Kreuze und ihrer Geschichte Volkommen geschockt und konnten nicht verstehen, dass wir sowas Veröffentlichen können.
Es fanden auch einige Interviews mit dem Hamburger Veranstalter statt und "Die Partei" die den Müll der SPD einsammelten, solidarisierten sich mit unser Aktion.
Nachdem die Aktion vorbei war, luden uns die Hamburger zum Abendessen ein. Unterwegs zeigte man uns noch die Stadt und den Hafen von Hamburg.
In der Zentrale der Linken Hamburg Nord gab es dann was zum Futtern.
Danach begann eine Vorstellungsrunde der Teilnehmer. Ich stellte mich mit unserm Verein vor und auch als Mitglied des Armutsnetzwerks vor, wo ich für die rechtlichen Fragen im SGB II zuständig bin und Vorträge darüber halte.
So verging der Abend wie im Fluge. Kurz nach 23:00 Uhr fuhren wir Richtung Berlin los. Diesmal brauchten wir viel länger für die Rückfahrt, da überall Nebel war. Um 03:00 Uhr setze ich den letzten Berliner zu Haus ab und fuhr endlich nach Hause.


https://www.youtube.com/watch?v=3TYyslVPAog