Köln. Die Nationale Armutskonferenz (nak) kritisiert das Hartz-IV-Vereinfachungsgesetz der Bundesregierung und fordert diese auf, die Sanktionen der Jobcenter gegen Hartz-IV-Empfänger, insbesondere gegen unter 25-Jährige, abzuschaffen.
Deutlich stärker als Erwachsene werden Jugendliche unter 25 Jahren sanktioniert. Nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II führen bereits kleinere Regelverstöße, etwa ein verpasster Termin im Jobcenter oder die Ablehnung eines Ein-Euro-Jobs dazu, dass Leistungen deutlich bis auf Null gekürzt werden können. Selbst die Mietzahlung kann gestrichen werden, was Betroffene dann sogar in die Wohnungslosigkeit treibt.
„Die bittere Erfahrung hat gezeigt, dass betroffene Jugendliche aufgrund der rigiden Sanktionierung den Kontakt zum Jobcenter schließlich ganz abbrechen und sich komplett vom System abkoppeln“, so Dr. Frank Joh. Hensel, Sprecher der Nationalen Armutskonferenz.
Hensel macht zudem deutlich, dass die Sanktionen das Gebot zum Schutz der Menschenwürde verletzten. „Sozialleistungen wie Hartz IV müssen ein menschenwürdiges Existenzminimum gewährleisten – das hat das Bundesverfassungsgericht 2014 bekräftigt. Dieses Recht darf nicht unter Sanktions- oder Finanzierungsvorbehalt stehen.“
Hensel weiter: „Mit den deutlichen Kürzungen bei den Hilfen für Langzeitarbeitslose seit 2010 wurde vom Prinzip des Forderns und Förderns weiter abgerückt. Für viele Langzeitarbeitslose gibt es dadurch keine echten Perspektiven mehr auf dem Arbeitsmarkt.“ Wenn Jobcenter zudem sanktionieren, so Hensel weiter, helfe das niemandem mehr, sondern nötige die Betroffenen, die häufig noch sehr jung sind, selbst prekäre Arbeiten anzunehmen, wodurch Armut aber nicht überwunden werde.
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Markus Harmann
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Am vergangenen Freitag trafen sich in Basel Landesarmutskonferenzen aus der Schweiz, Österreich, Deutschland und Frankreich.
An der Fachhochschule für soziale Arbeit begegneten sich zum zweiten Mal gemeinsam Fachleute, Betroffene und Solidarische um die Lage der Armut, der Ungleichheit und der Prekarisierung aus den verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Länderübergreifend stellten die Teilnehmer fest, dass sich die Situation verschärft: Reduzierung der Existenzsicherung z. B. in den Familien und verschärfte Sanktionsregelungen. Kürzungen bis hin zur Vollsanktion setzen Leistungsbezieher unter Druck, sie sollen schlecht bezahlte Arbeit annehmen und an sinnlosen Maßnahmen teilnehmen. Aus Frankreich wurde berichtet, was auch in Deutschland die Wirtschaft gerne durchsetzen würde, dass Sozialhilfeempfänger den Unternehmen von mindestens 6 bis höchstens 18 Monaten zur Verfügung gestellt werden. Der Stundenlohn beträgt dann lediglich zwei Euro, die zusätzlich zur Sozialhilfe gezahlt werden. Ebenso werden Sozialhilfeempfänger gezwungen gemeinnützige Tätigkeiten, natürlich unbezahlt, anzunehmen.
Die Ausweitung atypischer und prekärer Beschäftigung wie Teilzeitjobs Werkverträge und Leiharbeit ist länderübergreifend die Auswirkung marktradikaler Politik. Oftmals, wie in Deutschland, ist der zu erwartende Lohn nicht existenzsichernd. Anstatt die sozialen Sicherungssysteme auszubauen, finden direkte und indirekte Leistungskürzungen statt. Die Preissteigerungen bei Miete, Energie, Lebensmittel und im Gesundheitswesen werden bei Weitem nicht durch Angleichung der Leistungshöhe aufgefangen.
Der internationale Vergleich ergab auch, dass es ein Prozess ist, der bis weit in die Mitte der Gesellschaft reicht. Mehr Betroffene und (noch) Arbeitende sollten sich einmischen und der Verschlechterung entgegenwirken. Betroffene, besonders in Deutschland, finden nur schwer zueinander um die Bekämpfung von Armut und Ausgrenzung voranzutreiben. Der Neoliberalismus ist als Gesellschaftsideologie ein Phänomen. Nicht nur macht er den Armen und Schwachen weiß, sie wären an ihrem Elend schuld. Er schafft es auch, dafür zu sorgen, dass das wahre Ausmaß der gesellschaftlichen Armut mit all ihren Facetten zu wenig an die Öffentlichkeit dringt.
Wie stark die Armut zunimmt, zeigt sich auch an der Zahl der Wohnungslosen. Hinzu kommen Flüchtlinge, die Schutz, Arbeit und Auskommen in Europa suchen. Immer mehr Menschen werden nur unzureichend in Massenunterkünften versorgt oder leben unter widrigen Umständen in Armut und unzumutbaren Wohn- und Arbeitsverhältnissen. Diese Menschen sind auf bezahlbaren Wohnraum, menschenwürdige Unterbringung und auf weitere soziale Dienstleistungen und Infrastrukturen angewiesen.
Robert Trettin
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BAG Wohnungslosenhilfe fordert Expertenanhörung zum Thema
Berlin, 19.02.2016. Die CDU/CSU-Fraktion in Deutschen Bundestag verweigert sich weiterhin der Einführung einer bundesweiten Wohnungsnotfallstatistik, die Umfang und Entwicklung von Räumungsklagen und Wohnungslosigkeit abbilden soll. Dabei wird eine solche Statistik von der gesamten Fachwelt seit mehr als dreißig Jahren gefordert. Auch eine Mehrheit der Abgeordneten im Deutschen Bundestag steht dahinter – nur die CDU/CSU-Fraktion blockiert das Vorhaben.
Dies erklärte die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W), der Dachverband der Wohnungslosenhilfe, anlässlich der gestrigen Debatte des Bundestages zu einem Antrag der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen (BT-Drucksache 18/7547) auf Einführung einer bundesweiten Statistik.
Die BAG W fordert die Fraktionen im Bundestag auf, angesichts der offenbar fehlenden fachlichen Expertise in der Sache, im Zuge der weiteren Ausschussberatungen ein Hearing abzuhalten, zu dem Wissenschaftler, die BAG W und Wohnungsverbände eingeladen werden sollten.
Eine bundesweite Wohnungsnotfallstatistik ist sehr wohl möglich
Während sich Bündnis 90/Die Grünen und die Linke in der gestrigen Debatte eindeutig für eine Einführung aussprachen und auch der wohnungspolitische Sprecher der SPD, Michael Groß, die Forderung unterstützte, bezweifelte der Redner der CDU/CSU, Dr. Matthias Zimmer, die Durchführbarkeit und Sinnfälligkeit einer bundesweiten Statistik.
Dr. Thomas Specht, Geschäftsführer der BAG W: „Herr Dr. Zimmer sollte nicht längst widerlegte Behauptungen aufstellen. Die 1998 vom Statistischen Bundesamt erstellte Machbarkeitsstudie kommt zum exakt gegenteiligen Ergebnis.“
Die seit dem 1.1.2011 erneuerte landesweite Wohnungsnotfallstatistik des Landes Nordrhein-Westfalen zeigt, dass auch eine bundesweite Wohnungsnotfallstatistik möglich ist. Dennoch verweist die CDU/CSU-Fraktion - unter dem Vorwand der verfassungsrechtlichen Zuständigkeitsverteilung - nur auf die Bundesländer oder gar die Kommunen. Wie aber die CDU/CSU ohne ein Rahmengesetz, wie die BAG W es fordert, eine bundeseinheitliche Statistik der Bundesländer garantieren möchte, bleibt ihr Geheimnis. „Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass bereits innerhalb eines Landkreises oder eines Regierungsbezirkes die wenigen verfügbaren Zahlen oft nicht vergleichbar sind. In vielen Gemeinden und Kommunen fehlen aussagekräftige Zahlen sogar völlig“, so Specht.
Bund hat Pflicht zur gesetzlichen bundesweiten Wohnungsnotfallstatistik
Nur der Bund ist in der Lage, für bundeseinheitliche und vergleichbare Statistiken im gesamten Bundesgebiet zu sorgen. „Angesichts einer wachsenden Zahl von Räumungsklagen bedrohter Familien und immer mehr wohnungslosen jungen Menschen ist die Haltung der Bundesregierung in dieser Frage nicht nachvollziehbar“, so Thomas Specht.
Angesichts steigender Wohnungslosenzahlen ist die Verweigerung der CDU/CSU-Fraktion fachlich, politisch und wissenschaftlich ein Wegschauen von den Armutsproblemen in Deutschland. Im Interesse der Überwindung der Wohnungslosigkeit hat die Bundesregierung die Pflicht zu handeln. „Die Ministerin für Umwelt und Bau, Frau Dr. Barbara Hendricks, die gestern die Debatte im Parlament verfolgte, sollte unverzüglich einen Gesetzentwurf erarbeiten lassen“, so Thomas Specht.
Die BAG W prognostiziert einen Anstieg der Wohnungslosenzahlen auf 380.000 (+33 % gegenüber 2012) bis zum Jahr 2016.
Für weitere Rückfragen stehen Ihnen gerne zur Verfügung:
Dr. Thomas Specht, Geschäftsführer BAG W, (030) 2 84 45 37 - 15 / mobil 0151/25250211, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! oder
Dr. Rolf Jordan, Fachreferent der BAG W, (030) 2 84 45 37 - 12, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Mit dem sogenannten Rechtsvereinfachungen oder anders gesagt Rechtverschärfungen wird die „Salamitaktik“ weiter geführt. Seit Jahren findet ein Sozialabbau statt, aber immer so, dass es nicht groß auffällt. Ich erinnere daran, es gab eine Zeit, da wurden die Kosten für eine neue Brille vollständig von der gesetzlichen Krankenkasse getragen. Dann eines Tages wurden nur noch die Gläser bezahlt und einige Zeit danach musste die Brille aus eigener Tasche finanziert werden. Eben „Salamitaktik.
Seit etwa 30 Jahren bemüht sich die Politik der Parteien CDUCSUFDPSPDGRÜNE in wechselnden Koalitionen der Regierungen Kohl, Schröder, Merkel darum, die Kosten für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zu senken. Das bedeutet in erster Linie: Die Beiträge, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber an die Krankenkassen zahlen, sollen so niedrig wie möglich sein, um die Lohnnebenkosten der Unternehmen zu begrenzen. Diese Aufgabe haben sich die Parteien auch für die nächsten Jahre gestellt. Den Auftakt gesetzgeberischer Eingriffe machte 1977 das Krankenversicherungs- Kostendämpfungsgesetz. Ziel war die so genannte Beitragssatzstabilität. Dazu wurden - wie auch in fast allen nachfolgenden GKV-Reformgesetzen vorrangig Leistungen der Kassen gekürzt, die Zuzahlungen der Patienten erhöht.
Vorrangig für die Gesundheit der Versicherten sind aber nicht niedrige Beiträge sondern ausreichende Gesundheitsleistungen, die in einer solidarischen Versicherung für den Einzelnen am ehesten finanzierbar bleiben, auch wenn sich die Versicherungsbeiträge erhöhen. Diese rigorose Sicherung der "Beitragssatzstabilität" im vorrangigen Interesse der Unternehmen den Arbeitgeberanteil niedrig zu halten, hat bis zu den jüngsten Reformen Priorität. Erwähnt sei an dieser Stelle nochmals die Abschaffung der paritätischen Beitragszahlung.
Quelle: http://www.zukunft--der--arbeit.de/
Die Rechte der rund 7 MillionenHartz IV Empfänger werden weiter beschnitten. Problematisch sind und bleiben die Sanktionen, ganz schlimm, nach den Gesetzesvorlagen können Sanktionen dann sogar unter bestimmten Voraussetzungen auf unbestimmte Zeit ausgedehnt werden. Nämlich bei Erhöhung, Aufrechterhaltung und nicht erfolgte Verringerung der Hilfebedürftigkeit. Das liegt beispielsweise dann vor, wenn jemand aus personenbezogenen Gründen ein Arbeitsverhältnis gekündigt bekommt. Hier gibt es dann nicht nur die drei Monate Sanktion nach § 31a SGB II, sondern auch einen Kostenersatz wegen sozialwidrigem Verhalten für eine unbestimmte Zeit in die Zukunft für alle gezahlten SGB II-Leistungen. Dasselbe trifft zu, wenn jemand sich weigert, sein Kind in einer Kita gegen seinen Willen zwangsbetreuen zu lassen, oder es favorisiert, eine wirtschaftlich tragfähige Ausbildung aufzunehmen oder zu beenden, anstatt unmittelbar „arbeiten“ zu gehen.
Diese Regelungen werden - wenn sie durchkommen - massive Folgen haben, und regelmäßig und systematisch gegen SGB II-Bezieher eingesetzt werden. Zu prognostizieren ist, dass in ein paar Jahren jeder zweite SGB II-Bezieher Kostenersatzansprüche wegen Erhöhung, Aufrechterhaltung und nicht erfolgter Verringerung der Hilfebedürftigkeit gegen sich laufen hat. Diese und weiter Informationen unter
Fazit: Der Sozialabbau und die weitere rechtliche Einschränkungen werden ungehindert vorangetrieben. Wann endlich gelingt es, dass sich Betroffene zusammenschließen und diesem Treiben entgegenwirken?
Erst Kinderbuchautor – dann Obdachloser – und jetzt wieder zurück im geregelten Leben. Benjamin Nover hat schwierige Jahre hinter sich gebracht. Mit dem Sozialzaun in Darmstadt möchte er Obdachlosen helfen und sie durch die kalten Wintermonate führen. Das Prinzip ist einfach: Menschen können ihre Spenden in Tüten an den Zaun hängen, und Obdachlose können sich jederzeit bedienen.
Quelle: © hessenschau
In Deutschland grassiert die Sorge, dass Einwanderer „uns“ das Geld aus der Tasche ziehen, den Sozialstaat ausnutzen und Wohnungen belegen. Noch vor Kurzem kursierte die Beschwerde, „die Griechen“ wollten „unser“ Geld, ganz Südeuropa mache sich ein schönes Leben auf „unsere“ Kosten. Ähnliche Gedanken gibt es in Ländern wie Österreich, Großbritannien, Finnland, Dänemark und in ganz Osteuropa. Man sieht: Zwischen den Nationen ist der Verteilungsstreit voll entbrannt. Davon profitieren die rechten Parteien.
Über diesen Streit verschwindet jedoch der eigentliche Skandal: die Ungleichheit innerhalb der Staaten. Die soziale Frage wird zugunsten der nationalen zurückgestellt. Die Armen werden aufeinandergehetzt: deutsche Arbeitslose gegen syrische Flüchtlinge, arme Slowaken gegen noch ärmere Griechen, Billiglöhner des einen Landes gegen Billiglöhner des anderen.
Dass die soziale Frage und mit ihr die Forderung nach Umverteilung zurückgedrängt ist, freut natürlich jene, die vom gegenwärtigen System profitieren. Und die wirklich auf unsere Kosten leben. In Deutschland gehört den reichsten zehn Prozent der Haushalte mehr als zwei Drittel des gesamten Vermögens. Das reichste ein Prozent – jene, die mehr als 100.000 Euro „verdienen“ – hat fast ein Drittel des Gesamtvermögens und kassiert etwa 13 Prozent aller Einkommen.
Das ist nicht nur in Deutschland so. Sondern weltweit. Laut einer neuen Oxfam-Studie besitzen ganze 62 Personen so viel wie die Hälfte der Weltbevölkerung. Vor einem Jahr waren es noch 80. „Die Kluft zwischen Arm und Reich wächst“, so die Nichtregierungsorganisation. Seit vergangenem Jahr ist das Vermögen des global reichsten ein Prozent höher als das der restlichen 99 Prozent.
Die genannten 62 reichsten Personen verfügen über rund 1,8 Billion Dollar. Das sind 1.800 Milliarden oder 1.800.000 Millionen. Man sieht: Das Geld, um das in der EU gestritten wird, ist ein Klacks gegen die Summen, die sich bei den Reichen sammeln. Das Geld, das notwendig ist, damit Bürgerkriegsflüchtige in jordanischen Camps nicht mehr unter elendigen Bedingungen leben müssen, ist vorhanden. Bei den Reichen und Superreichen!
Wichtiger als die Frage, welches Land wie viel für die Integration von Bürgerkriegsflüchtlingen ausgeben muss, ist die Umverteilung. Die Mittel sind bekannt: vor allem die Wiedereinführung der Vermögenssteuer als Millionärsteuer. Dies brächte alleine mindestens 80 Milliarden Euro. Des Weiteren muss die Erbschaftsteuer für Superreiche ausgeweitet werden und die Finanztransaktionssteuer endlich eingeführt werden. Und dazu gute Sozialsysteme und eine Stärkung der Gewerkschaften, um nicht nur die Umverteilung zu bewerkstelligen, sondern gleich höhere Löhne durchzusetzen.
Es stimmt noch immer: Die Grenze verläuft nicht zwischen den Völkern, sondern zwischen oben und unten. Solange jedoch die Deutschen sich von armen Griechen und Syrern ausgebeutet fühlen, so lange können jene gut schlafen, die wirklich das Geld haben. Und die rechten Parteien triumphieren.
Michael Schlecht, MdB