Den Hedgefonds ist nichts mehr peinlich

Veröffentlicht in Arbeitslos

„Es ist richtig, diese Debatte zu führen, weil es nämlich nicht sein darf, dass Leiharbeiter und Menschen, die im Niedriglohnsektor beschäftigt sind, immer öfter und schneller auf Hartz IV angewiesen sind.“ So kommentiert Thomas Beyer, Sprecher der Nationalen Armutskonferenz (nak), die Ankündigungen, wonach  SPD und Grüne in dieser Woche im Bundestag die Initiative ergreifen wollen, das direkte Abgleiten vieler Beschäftigter in den ALG II-Bezug zu verhindern. Demnach sollen künftig Menschen, die ihren Arbeitsplatz verlieren, bereits wieder nach sechs Monaten sozialversicherungspflichtiger Tätigkeit innerhalb der vergangenen drei Jahre einen Anspruch auf das so genannte Arbeitslosengeld I (ALG I) haben. Momentan müssen zwölf Monate regulärer Arbeit innerhalb von zwei Jahren nachgewiesen werden. Eine unerreichbare Zeitspanne für viele Beschäftigte, die für ihr Auskommen auf befristete Arbeitsverhältnisse und Mini-Jobs angewiesen sind. Beyer: „Erst reicht der Lohn kaum zum Leben, dann gibt es kein ALG I. Wir müssen für Arbeitnehmer in prekärer Beschäftigung einen Ausweg aus der Hartz IV-Falle finden.“

 

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Geschrieben von: Rainer Heißmann   
Donnerstag, den 02. Februar 2012 um 16:12 Uhr

Pfui schämt euch, möchte ich den Managern einiger Hedgefonds zurufen. Ist euch denn nichts mehr peinlich genug, um euren Hals mit noch mehr Milliarden (für Millionen tun die es ja kaum noch) voll zu stopfen?

Wenn ihr daran erstickt, könnt ihr nach dem Menschenrecht auf Leben rufen.

Hedgefonds und Anstand passt wohl nicht zusammen

Aber die Menschenrechte einzuklagen, nur weil ihr den Hals nicht voll genug kriegen könnt, das sollte euch der Anstand verbieten. Schaut doch mal über den Tellerrand.

Gestern z.B. ist unsere Bundeskanzlerin, Frau Dr. Merkel, zu einem Staatsbesuch nach China aufgebrochen. Sie wird (sollte) dort die Menschenrechte ansprechen. Zu Recht. Inwieweit sie das macht, wie gut oder schlecht, ist hier nicht das Thema. China und Verletzung der Menschenrechte passt aber zusammen.

Aber Menschenrechte einklagen, weil die Rendite nicht stimmt, das ist gelinde gesagt nur noch peinlich. Der Hintergrund:

Hedgefonds wollen Menschrecht auf Rendite einklagen

Etliche Manager von Hedgefonds planen nach einem Bericht in der „New York Times“ eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Inhalt der Klage:

Griechenland kann seine Schulden nicht zurückzahlen. Dafür wird ein Schuldenschnitt (Haircut) immer wahrscheinlicher. Dies, so die findigen (oder windigen?) Anwälte der Hedgefonds, sei aber ein einseitiger Eingriff in das Eigentumsrecht der Hedgefonds, die die Anleihen halten. Und das Eigentumsrecht ist in der EU ein Menschenrecht.

Fachleute bewerten die Chancen, dass der Europäische Gerichtshof eine solche Klage annehmen wird, als groß, so der Bericht in der „New York Times“.

Hedgefonds: In der eigenen Stube kehren

Ich schlage vor, liebe Manager der Hedgefonds, vor Einreichung der Klage durchleuchtet ihr mal die Geschäfte, die einige Hedgefonds zusammen mit Goldman Sachs eingefädelt haben. Hier zum Beispiel habe ich seinerzeit geschrieben:

„Goldman Sachs hat Finanzderivate emittiert, bei denen von vornherein klar war, dass deren Käufer Verluste verbuchen würden. Denn der Gegenpart war ein Hedgefonds, der über Goldman Sachs dieses miese Geschäft in die Wege geleitet hatte und „dringend“ Käufer von Finanzderivaten suchte, die mit größtmöglicher Wahrscheinlichkeit im Kurs fallen würden.

So kam es dann auch. Anleger wurden betrogen. Der Hedgefonds gewann eine Milliarde, dank seiner „Kumpels“ bei Goldman Sachs.“

Wie steht es denn da mit den Menschrechten, der seinerzeit betrogenen Anleger?, frage ich.

Wirkliche Verletzungen der Menschrechte

Bevor ihr eure Klage einreicht, liebe dafür verantwortliche Manager der Hedgefonds, empfehle ich eine Reise. Wahlweise nach Afghanistan, Syrien, Libyen, China, Nord-Korea oder in viele afrikanische Staaten.

Und dort setzt ihr euch mit den Menschen vor Ort auf dem Marktplatz zusammen und diskutiert über euer Problem, die Verletzung der Menschenrechte durch verloren gegangene Rendite. Wetten, dass ihr danach keine solch üble Klage mehr einreicht?

Zum guten Schluss: Am 02.02.1754, also heute vor 258 Jahren, kam Charles Maurice de Talleyrand-Périgord, einer der bekanntesten französischen Staatsmänner sowie Diplomat während der Französischen Revolution, der Napoleonischen Kriege und beim Wiener Kongress, zur Welt. Hatte er schon damals das heutige deutsche Bundespräsidialamt im Sinn?, als er sagte:

"Kein Abschied auf der Welt fällt schwerer als der Abschied von der Macht."

Der Abschied vom heutigen Kommentar fällt mir leicht, bin ich doch morgen schon wieder hier.

© Rainer Heißmann - Link auf den Originaltext