Sozialpolitik

Offener Brief des Bündnis Umfairteilen

Geschrieben von Jürgen. Veröffentlicht in Allgemeine Themen

Bündnis Umfair teilen c/o ver.di Bundesverwaltung, Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin

Offener Brief an die Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten
der Parteien zur Bundestagswahl

Sehr geehrter Herr Brüderle,
sehr geehrte Frau Dr. Merkel,
sehr geehrter Herr Steinbrück,
sehr geehrter Herr Trittin
sehr geehrte Frau Dr. Wagenknecht,

in den letzten 20 Jahren hat sich die Schere zwischen Arm und Reich in Deutschland und Europa immer weiter geöffnet.Während die ärmeren Teile der Bevölkerung erhebliche Einkommensverluste hingenommen haben, sind die privaten Vermögen trotz Krise auf Rekordwerte gewachsen und konzentrieren sich mehr den je bei einer reichen Minderheit. Zugleich bleiben die öffentlichen Ausgaben für Soziales, Bildung und Infrastruktur weit hinter den notwendigen zurück. Das untergräbt den sozialen Zusammenh alt, gefährdet die wirtschaftliche Entwicklung und unsere Demokratie.

Es ist höchste Zeit, die Reichsten der Gesellschaft wieder zur Finanzierung des Gemeinwesens angemessen in die Pflicht zu nehmen. Das Bündnis „Umfairteilen – Reichtum besteuern“ fordert deshalb die Wiedereinführung der Vermögensteuer sowie eine einmalige, möglichst europaweit koordinierte Vermögensabgabe.

Die Besteuerung von Vermögen muss der öffentlichen Hand substantiell zusätzliche Finanzmittel erschließen.

Deshalb dürfen die Freibeträge nicht zu hoch und die Steuersätze nicht zu niedrig sein. Wir brauchen dringend mehr Geld etwa für die Haushalte der Kommunen, den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, von Kitas und Ganztagsschulen und verbesserte Bedingungen in der Pflege.

Eine möglichst europaweite Abgabe auf große Vermögen ist erforderlich, um die Lasten der Finanzkrise solidarischzufinanzieren.

Vermögende und Finanzinstitute waren und sind (mit Ausnahme der Anleger in Zypern) Hauptprofiteure der Rettungspakete, zu denen sich die europäischen Regierungen infolge der Bankenkrise entschieden haben. Eine angemessene Beteiligung der Vermögenden an den Krisenkosten ist überfällig. Wir erwarten von einer neuen Bundesregierung, eine Vermögensabgabe einzuführen und sich in der EU da für ein zusetzen , eine Vermögensabgabe europaweit oder, falls dies nicht umsetzbar sein sollte, in einer Gruppe von EU - Mitgliedsstaaten zu erheben.

Eine Besteuerung von Vermögen darf nicht durch Schlupflöcher umgangen werden können.

Dies bedeutet zum einen, dass auch privates Betriebsvermögen besteuert werden muss. Erhöhte Freibeträge oder die Möglichkeit, die Steuerschuld in ertragsarmen Jahren zu stunden, sind denkbare Wege, um insbesondere kleine und mittlere Unternehmen vor zu hohen Belastungen zu bewahren. D er Bundesfinanzhof hat jüngst erneut darauf hingewiesen, dass das verfassungsrechtliche Gleichheitsprinzip eine im Grundsatz gleichmäßige Besteuerung unterschiedlicher Vermögensarten erzwingt. Eine übermäßige Privilegierung von Betriebsvermögen würde im Er gebnis besonders Superreiche begünstigen, denn auch Aktienpakete an Großkonzernen gelten steuerlich als Betriebsvermögen. Zudem würden Steuerpflichtige förmlich dazu einladen, Privat - in Betriebsvermögen umzuwidmen und so der Steuerpflicht zu entziehen. Im Bereich der Erbschaftsteuer hat sich dazu bereits das Modell der „Cash GmbHs“ etabliert.

Zum anderen müssen Steuerbetrug und Steueroasen weitaus entschiedener bekämpft werden als bisher. Wir erwarten von einer neuen Bundesregierung, gemeinsam mit anderen EU - Mitgliedsstaaten gegenüber Steueroasen einen automatischen Informationsaustausch über Kontodaten im Rahmen der EU - Zinsrichtlinie durchzusetzen und diesen zu verschärfen. Banken, die weiterhin Geschäfte mit Steueroasen betreiben, muss mit Lizenzentzug g edroht werden. Der Einsatz gegen Steuerschlupflöcher und Niedrigsteuerregelungen für Gewinne und Vermögenserträge muss sich auf alle EU - Staaten und ihre angeschlossenen Gebiete erstrecken.

Wir erwarten zudem, dass Sie die Forderungen nach einer substanzie llen Besteuerung großer Vermögen nach der Bundestagswahl mit hoher Priorität in Koalitionsverhandlungen einbringen.

Im Namen der zahlreichen zivilgesellschaftlichen Organisationen in unserem Bündnis bitten wir Sie, zu unseren Forderungen Stellung zu bezie hen. Ihre Antworten werden wir auf unserer Bündnisseite und gegenüber den Medien veröffentlichen.

Mit freundlichen Grüßen Für das Bündnis „Umfairteilen – Reichtum besteuern!“

Frank Bsirske Vorsitzender Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di)

Ulrich Schneider Hauptgeschäftsführer Paritätischer Gesamtverband

Jutta Sundermann Mitglied des Attac - Koordinierungskreises

Christoph Bautz Geschäftsführung Campact e.V

Ulrich Thöne Vorsitzender Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)

Özlem Alev Demirel Bundesvorsitzende Föderation demokratischer Arbeitervereine (DIDF)

Michael Müller Vorsitzender Naturfreunde Deutschlands
Frank - Josef Möllenberg Vorsitzender Gewerkschaft Nahrung - Genuss - Gaststätten (NGG)

Prof. Dr. Gunnar Winkler Präsident Volkssolidarität

Horst Schmitthenner Vorsitzender des Trägervereins Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosenarbeit e.V.

Dieter Lehmkuhl Sprecher der Initiative Vermögender für eine Vermögensabgabe