Reich bleibt reich, arm bleibt arm - Datenreport 2011 - Sozialbericht für Deutschland

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Mit dem »Datenreport 2011« präsen -tieren die amtliche Statistik und die so zialwissenschaftliche Forschung ihren Sozialbericht für die BundesrepublikDeutschland in der 13. Auflage. Die er-folgreiche Kooperation zwischen dem Statistischen Bundesamt und der wis -senschaftlichen Sozialberichterstattungbegann 1985 durch eine Initiative derBundeszentrale für politische Bildung.Mit der Erstellung des ersten gemein -samen »Datenreport 1985« und der vonProfessor Wolfgang Glatzer und Pro -fessor Wolfgang Zapf herausgegebenen empirischen Studie »Lebensqualität in derBundesrepublik Deutschland« wurdenEmpfehlungen umgesetzt, die ProfessorHans-Jürgen Krupp und Wolfgang Zapfbereits 1972 in ihrem Gutachten »Die Rol-lealternativer Wohlstandsindikatoren beider Begutachtung der gesamtwirtschaft-lichen Entwicklung« formuliert hatten.

Aktuell wird der Zusammenhang zwi-schen Wirtschaftswachstum, Lebensqua-lität und Wohlfahrt wieder neu diskutiertund steht in der aktuellen politischen und wissenschaftlichen Debatte weit obenauf der Tagesordnung. Vor allem das Un-behagen mit dem Bruttoinlandsproduktals »Universalindikator für gesellschaft-liche Wohlfahrt« hat zu unterschiedlichenAktivitäten geführt. Im Januar 2011nahm die vom Deutschen Bundestag ein-gesetzte Enquetekommission »Wachstum,Wohlstand, Lebensqualität – Wege zunachhaltigem Wirtschaften und gesell-schaftlichem Fortschritt in der SozialenMarktwirtschaft« ihre Arbeit auf.

Das Bruttoinlandsprodukt ist nach wievor eine der wichtigsten volkswirtschaft-lichen Größen. International vergleichbarund aussagekräftig – vor allem zur Beob-achtung der Konjunkturentwicklung –wurde es in den letzten Jahrzehnten oftauch als Indikator für Wohlstand undFortschritt verwendet. Aktuelle Diskus-sionen hinterfragen, ob die einseitige Ausrichtung auf Wirtschaftswachstum,gleichbedeutend mit dem Wachstum desBruttoinlandsprodukts, automatisch zugesellschaftlichem Fortschritt und hö hererLebensqualität für die Menschen führt.Dazu kommt die Frage der Nachhaltig-keit: Inwieweit generiert die heutigeGeneration W irtschaftswachstum aufKosten der nachfolgenden Generationendurch die Vernichtung natürlicher Res -sourcen oder eine zunehmende Staatsver-schuldung, die den finanziellen Spielraumin Zukunft immer mehr einschränkt?Zum anderen wird bemängelt, dass dienicht-materielle Seite der Lebensqualitätzu wenig beleuchtet wird.

Der französische Staatspräsident Sarkozyberief im Februar 2008 eine hochrangigbesetzte, internationale Expertenkommis -sion, die sogenannte Stiglitz-Sen-FitoussiKommission ein. Sie sollte Vorschläge er-arbeiten, wie die wirtschaftliche Leistungund der soziale Fortschritt einer Gesell-schaft künftig besser statistisch gemessenwerden kann. Schon allein die Tatsache,dass fünf der 25 Mitglieder Nobelpreis-träger waren, gab dieser Kommission ei-ne herausragende Bedeutung. Gemessenam Umfang der Aufgabe stand der Kommission wenig Zeit für ihre Arbeiten zurVerfügung. Sie stellte ihren Abschluss-Bericht mit Vorschlägen zur Verbesserungder statistischen Berichterstattung bereitsim September 2009 in Paris der Öffent-lichkeit vor. Der Bericht betont einerseitsdie Bedeutung von Daten zur Verteilungvon Wohlstand und geht andererseitskonkret auf die Messung von Aspektenein, die nach Ansicht der Kommmissionfür die Lebensqualität der Menschen vongroßer Bedeutung sind: Gesundheit, Bil-dung, persönliche Aktivitäten einschließ-lich Erwerbsarbeit, politische Partizi -pation und Qualität der Staatstätigkeit,soziale Beziehungen, Umwelt, persön licheund wirtschaftliche Unsicherheit. Außer-dem enthält der Bericht Vorschläge zurNachhaltigkeitsmessung.

Für die neue Enquete-Kommission »Wachs-tum,Wohlstand, Lebensqualität« wurdenehrgeizige Ziele gesteckt: Sie soll denStellenwert von W achstum in Wirtschaftund Gesellschaft ermitteln, einen ganz-heitlichen Wohlstands- und Fortschritts -indikator entwickeln sowie Möglich -keiten und Grenzen der Entkopplung von Wachstum, Ressourcenverbrauch undtechnischem Fortschritt aufzeigen. Dabeisind vor allem Aspekte wie materiel-ler Lebensstandard und Verteilung vonWohlstand, soziale Inklusion und so zialerZusammenhalt, Qualität der Arbeit, Ge-sundheit, Bildungschancen, soziale Siche-rung und politische Partizipation sowiedie von den Bürgern wahrgenommene Le-bensqualität zu berücksichtigen. Viele dergenannten Themen finden sich auch im Datenreport wieder. Hier werden die Er-gebnisse des Statistischen Bundesamtesund der sozialwissenschaftlichen For-schungzusammengeführt, so dass ein dif-ferenziertes Bild der Lebensverhältnisse inDeutschland entsteht. Die dargestelltenErgebnisse können zur Beantwortung vie-ler der vermeintlich neu gestellten Fragenherangezogen werden und Anregungenfür die weitere Debatte liefern.

Die amtliche Statistik ist mit ihren um-fangreichen, vielfältigen und kontinuier-lich durchgeführten Erhebungen nach wievor der wichtigste Anbieter von Infor -mationen über die Lebensverhältnisse und gesellschaftlichen Entwicklungen inDeutschland. Eine leistungsfähige sozial-wissenschaftliche Datengrundlage ist je-doch für eine aktuelle und differenzierteSozialberichterstattung ebenso notwen-dig. Sie ergänzt und bereichert das Infor-mations- und Analysepotential der amt-lichen Daten.

Mit ihren speziell für die gesellschaftlicheDauerbeobachtung konzipierten sozial-wissenschaftlichen Repräsentativerhebun-gen stellt die wissenschaftliche Sozial -berichterstattung Informationen zu The-men und Fragestellungen bereit, die häufignicht von der amtlichen Statistik erhobenwerden, wie z.B. subjektive Wahrneh-mungen, Einstellungen und Bewertungen.

Mit seiner umfassenden Beschreibung der Lebensverhältnisse in Deutschlandstellt der Datenreport den Entscheidungs -trägern in Politik und Wirtschaft hand-
lungsrelevante Informationen zur Ver -fügung. Seine wichtigste Aufgabe ist al-lerdings – als ein von der Bundeszentrale für politische Bildung veröffentlichter Sozialbericht – dem Informationsbedürf-nis der Öffentlichkeit und des Bildungs-systems in einer demokratischen Gesell-schaft gerecht zu werden.

Seit seinem erstmaligen Erscheinen vorüber 25 Jahren hat der Datenreport deut-lich an Themen und Gewicht zugelegt.Aus diesem Grund erscheint die gedruck-te Ausgabe in Form von zwei Bänden. Dieelektronische Fassung finden Sie wie im-mer auf den Internetseiten der beteiligtenInstitutionen.

Die Herausgeber

Berlin/Wiesbaden, im August 2011

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