Jeder vierte Europäer von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht

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Glaubt man den Regierenden, dann befinden sich EU und Eurozone nach dem tiefen Kriseneinbruch im Jahre 2009 seit 2010 im Konjunkturaufschwung. Doch aufwärts geht es auf der einen Seite, mit Konzernprofiten und dem Geldreichtum der Millionäre, auf der anderen Seite aber mit Arbeitslosigkeit und Armut.

Wie Eurostat berichtet (8.2.12), waren in der EU-27 im Jahr 2010 115 Millionen Menschen bzw. 23,4% der Bevölkerung, also fast ein Viertel, von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Jeder sechste EU-Bürger – 16,4% – war direkt armutsgefährdet, 8,1% litten unter erheblicher materieller Entbehrung und 9,9% lebten in Haushalten mit sehr niedriger Erwerbstätigkeit. Personen, die von mindestens einer dieser drei Lebensbedingungen betroffen waren machten die genannten 23,4% aus. Über dem Durchschnitt lagen die südlichen Peripherieländer von EU und Eurozone: Griechenland 27,7%, Spanien 25,5%, Italien 24,5%, Portugal 25,3%. Mit der Verschärfung der Schuldenkrise und dem damit verbundenen Anstieg der Arbeitslosigkeit in den genannten Ländern dürfte die die Armut 2011 weiter zugenommen haben. So stieg die Arbeitslosigkeit, die Hauptursache für Armut, EU-weit von Dezember 2010 bis Dezember 2011 von 9,5% auf 9,9%; in Griechenland aber von 14,4% auf 19,2% (Oktober 2011), in Spanien von 20,4% auf 22,9%, in Italien von 8,1% auf 8,9% und in Portugal von 12,4% auf 13,6% (alle Zahlen Eurostat). Einen weiteren Schub in Richtung Armut dürfte die Rezession bewirken, in die EU und Eurozone seit Ende vergangenen Jahres gerutscht sind.

Am stärksten betroffen von Armut und sozialer Ausgrenzung sind ehemalige RGW-Staaten, die sich von der Einfährung der Marktwirtschaften "blühende Landschaften" erhofft hatten. In Bulgarien und Rumänien ist bald jeder zweite Einwohner armutsgefährdet 42% bzw.41%, in Lettland 38%, Litauen 33%, Ungarn 30% und Polen 27,8%. Große Ausnahmen: Tschechien 14,4% und Slowakei 20,6%. Tschechien hat die niedrigste Quote überhaupt, noch vor Schweden mit 15,0%. Dabei ist zu beachten, dass die Armuts-Schwellenwerte (Äquivalenzeinkommen) in den osteuropäischen Staaten und südlichen Peripherieländern ohnehin schon wesentlich niedriger sind als in Zentral- und Nordeuropa. In Deutschland ist jeder fänfte Einwohner – 19,7% – von Armut und sozialer Ausgrenzung gefährdet. Niedriger war die Quote in Frankreich (19,3%), Finnland (16,9%), Österreich (16,6%) und Niederlande (15,1%).


Quelle:isw – Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V.

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