Denkanstoß Nr.16

Veröffentlicht in Allgemeines

Nichtwählerwahlen: Trend der Zukunft?
Kolumne von Gastautor Dieter Carstensen

In der Diskussion um Wahltrends, Wahlergebnisse und die in den Wahlauswertungen der Parteien geht mir immer ein Aspekt nahezu völlig unter: Die Nichtwählerzahlen. Die Wahlbeteiligung nimmt überall immer mehr ab, aber alle tun so, als wäre das ohne jegliche Bedeutung.

Wenn man sich anschaut, wie sehr die Anzahl der Nichtwählerschaft immer mehr zu nimmt, müsste das eigentlich ein Alarmsignal sondergleichen für alle sein, welche es mit unserer Demokratie wirklich ernst nehmen. Offensichtlich fühlen sich immer mehr Menschen in ihrem persönlichen Alltag, in ihren persönlichen Bedürfnissen durch die Parteien nicht mehr vertreten - damit meine ich alle Parteien - und bleiben Wahlen eben einfach fern. Es scheint eine zunehmende Entfremdung statt zu finden, zwischen den Menschen, welche die Parteien vorgeben zu vertreten und den Ansprüchen, welche diese an ihre "Volksvertreter" haben.

Ich stelle mir die Frage: Wie lange kann unsere Demokratie das noch aushalten, ohne tiefen Schaden zu erleiden.

In Schleswig-Holstein gab es 39,6 % Nichtwähler! So hoch war die Zahl der Nichtwählerschaft dort noch nie. Und nirgends sieht es besser aus. Ich bin mir sicher, auch in NRW werden wir einen neuen Rekord der Nichtwählerzahlen bei der Landtagswahl erreichen.All diese schönen Reden der Parteien vergessen gerne EINES:

Von wieviel Prozent der Gesamtwahlberechtigen wurden sie wirklich gewählt?

Für Schleswig-Holstein z.B. sehen sie Zahlen erschreckend aus: CDU und SPD haben jeweils nur ca. 18 % der Gesamtwahlberechtigten hinter sich, FDP 4,8 %, Grüne 7,9 %, Linke 1,3 % und Piraten 5 %.

Näheres siehe hier: http://tautenhahn.blog.de/2012/05/07/nichtwaehler-endlich-ard-angekommen-13638696/

Unsere Parteien legitimieren sich durch Wahlergebnisse, bei denen klar wird, dass sie weit an der Realität vorbei gehen. Die Politikverdrossenheit von immer mehr Menschen in unserem Land wird einfach nicht ernst genommen und in keinster Weise darauf reagiert.

Ergebnis: Noch weniger Menschen werden wählen gehen.

Die Parteien kommen mir mittlerweile so vor, als würden sie nur noch nach dem Kölner Spruch handeln:"Ett hätt scho immer jot jejange"
Die Frage ist, wielange geht dieses "Spiel" noch gut? Wann begreifen die Parteien endlich, dass sie das "Volk", also uns, nicht "vertreten", sondern unsere Bedürfnisse und Interessen ernst nehmen sollen? Wer engagiert sich denn noch in unseren Parteien? Wenn ich alle Parteien zusammenrechne, komme ich auf ca. eine Million Menschen, welche sich in Parteien überhaupt noch engagieren.Die grossen Parteien CDU und SPD haben nahezu seit 1980 die Hälfte ihrer Mitgliedschaft verloren, aber wurden Konsequenzen daraus gezogen?
Nein!
Wenn die Politik die Menschen nicht dort abholt, wo sie leben, in ihrem Alltag und ihren Bedürfnissen, wenn sie nicht kurz-, mittel- und langfristige politische Alternativen für die Zukunft unserer Gesellschaft abietet, sondern immer nur noch tagespolitisch REAGIERT, muss sie sich nicht wundern.
Willy Brandt hat seinerzeit die Wahl gewonnen mit dem Satz: "Mehr Demokratie wagen" und er hat vieles davon umgesetzt.

Scheinbar weiss das heute kaum noch jemand.