Offener Brief

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Pressemitteilung vom 16.Mai 2012

Sulingen/Brüssel. László Andor bekam vor ein paar Tagen unbequeme Post. Dem EU-Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Integration in Brüssel wurde ein Offener Brief überreicht, in dem die Unterzeichner fordern, dass alle Bürger in den 27 europäischen Nationen das Recht bekommen, sich auf öffentlichen Plätzen aufzuhalten, ohne kriminalisiert zu werden.

Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, sollte man meinen. Nicht so für Obdachlose, sie werden vielerorts auf die eine oder andere Art aus dem Stadtbild entfernt. Eine besonders perfide Art, obdachlose Menschen zu vertreiben, ist in Ungarn an der Tagesordnung: Menschen ohne Wohnsitz, die die Polizei aufgreift, werden mit drakonischen Geldstrafen belegt, die sie natürlich nicht zahlen können. Dann landen die Obdachlosen im Gefängnis, um die Strafe abzusitzen. Wohlgemerkt, ihr einziges Verbrechen ist es, keinen Wohnsitz zu haben und arm zu sein.

Das Papier, das an Andor gerichtet ist, wurde von der Europäischen Vereinigung der Obdachlosen (European Union of Homeless, abgekürzt EUH) formuliert, die sich am vorigen Wochenende in Brüssel traf. Je fünf Vertreter aus Belgien, Holland, Frankreich, Ungarn und Deutschland saßen an einem Tisch, um über die Struktur und die Aufgaben der EUH zu diskutieren sowie Erfahrungen auszutauschen. Unter ihnen waren unter anderen aus Deutschland Dietmar Hamann und der Obdachlose Jürgen Schneider, die im vorigen Jahr die Internetplattform www.armutsnetzwerk.de mit Sitz in Sulingen bei Bremen und auch gemeinsam mit dem Belgier Philippe Decraene die EUH gründeten.

„Organisationen, die sich von ‚oben’ um Obdachlose kümmern und den Daumen drauf haben, gibt es genug“, sagt Jürgen Schneider. „Wir habe es gewagt, eine Plattform von ‚unten’ her aufzubauen.“ Und wie das funktioniert bei Obdachlosigkeit? Schneider lacht: Er zieht mit Notebook und Handy ausgestattet durch die Lande. „Ich bin immer erreichbar“, sagt er. Schneider gehört übrigens zu den wenigen Menschen, die freiwillig und aus Überzeugung auf der Straße leben.

Vertreibungen von Obdachlosen sind übrigens auch in Deutschland üblich. Dass Obdachlose nicht willkommen sind, wird deutlich in einer Stadt wie Emden, in der Bänke durch Sitzschalen ersetzt wurden. Auf denen können Berber nicht schlafen.

Das Armutsnetzwerk ist ein am 1.Januar 2011 gegründetes unabhängiges basisorientiertes Netzwerk, das sich gegen Armut und Ausgrenzung wendet. Die Mitglieder kommen aus allen Schichten der Bevölkerung und vertreten die Interessen benachteiligter Randgruppen und einkommensschwacher Menschen.

Kontakt
Dietmar Hamann
Tel: 04271 919 464
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www.armutsnetzwerk.de

Offener Brief - Wortlaut