Kritik unerwünscht – die Wahrheit kam von den Betroffenen – sternTV

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sternTV – „Unzufrieden mit dem Jobcenter“ berichtet! Auf der Coach Heinrich Alt, Vorsitzender der Bundesagentur für Arbeit, Christiane Diederichs – Fallmanagerin eines Jobcenters, Renate Müller eine aktuell Leistungsberechtigte sowie zwei Losgelöste eines Jobcenters.

War zu Beginn die Auswertung einer von sternTV durchgeführten Umfrage mit 1277 Beteiligten Mittelpunkt der Sendung, kamen sehr schnell die ungeschönten Aussagen von Hartz IV-Leistungsberechtigten ins Bild. Skype macht es möglich. Aussagen wie Angst vor Schikanen, Willkür, verlorenen Unterlagen und Unterdrückungen geben das Bild der Umfrage wider. So sind 77,7 Prozent mit ihrem Jobcenter unzufrieden. Nur zehn Prozent geben das Qualitätsurteil gut. Alarmierende Zahlen und Aussagen. Aussagen, die meine Beobachtungen als Jobcenter-Mitarbeiterin untermauern.

Nun könnte man ja meinen, sternTV hat sich bewusst diese Betroffenen herausgepickt. Dem widerspricht jedoch eindeutig das durchaus repräsentative Umfrageergebnis des Senders. Selbst Moderator Steffen Hallaschka betitelt das Ergebnis als alarmierend und fragt nach. Er will der Sache auf den Grund gehen.

So erzählt ein ehemaliger Hartz IV-Empfänger von der Ablehnung seiner Weiterbildung im Sicherheitsdienst und spricht den §34a „Sicherheitsschein“ an. Dieses wurde ihm abgelehnt. Eine Begründung war nicht real ersichtlich. Alt dazu: „Solche Fälle machen mich persönlich betroffen.“ „Es ist alles schlecht gelaufen.“ „So arbeiten wir nicht.“

Diederichs (Fallmanagerin) bestätigt Alt und erwähnt explizit, dass Fälle wie solch einer, immer von beiden Seiten angeschaut werden müsse und von daher keine Beurteilung möglich sei. Weiterhin führt sie aus, dass ihre „Kunden“ oftmals mit falschen Vorstellungen in das Jobcenter kommen. Sie habe keine Arbeitsplätze in der Schublade, sondern könne nur sogenannte Vermittlungsvorschläge ausgeben. Richtig, Frau Diederichs! Sie haben diese nicht in der Schublade und die Vermittlungsvorschläge geben bekanntlich mehrheitlich den prekären Arbeitsmarkt wieder. Kompetenter wäre es jedoch, den Telefonhörer zu nehmen, Arbeitgeber anrufen und für ihre „Kunden“ einen Arbeitsplatz zu suchen. Sozusagen als „Bittstellerin“ im Namen ihrer „Kunden“. Auch erwähnt sie, dass die „Kunden“ sich selbst auf einen Vermittlungsvorschlag zu bewerben hätten. Auch richtig, Frau Diederichs. Nur wie, mit dem Wissen, dass ein „Hartzer“ kaum bis gar nicht berücksichtigt wird. Und wie, wenn die Angst vor der nächsten Absage mitgeschickt wird. Diese quillt doch schon aus der Bewerbungsmappe heraus.

Fallmanger vs. Arbeitsvermittler

Differenziere ich doch mal die Funktion eines Fallmanagers (FM) zum Arbeitsvermittler. Ein FM hat die Aufgabe, Leistungsberechtigte mit sogenannten multiplen Vermittlungshemmnissen wieder in die Spur des Lebens zurück zu bringen. Dafür hat er mehr Gesprächszeit mit den Betroffenen. Im Fokus steht die sozialpädagogische Begleitung. Sozusagen die Verringerung, die Auflösung der Hemmnisse. Und somit steht nicht die Arbeitsvermittlung primär im Vordergrund. Im Vergleich dazu besteht die Aufgabe des Arbeitsvermittlers, die hohe Anzahl seiner „Kunden“ in die sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit zu vermitteln. Diederichs bemerkt richtig, dass die Arbeitsvermittlung zu viele „Kunden“ zu betreuen habe. Aus diesem Blickwinkel ist es verständlich, das eine Fallmanagerin kopfschüttelnd über die krassen Fälle wie Angst, Schikanen, verloren Unterlagen und falsche Einstufung in die Tätigkeit in ihrem Sessel sitzt. Wie hätte ein Arbeitsvermittler reagiert? Ebenso versuchend empathisch, geduldig und sozial zu sein? Eine Frage, die offen bleibt.

Aber immerhin gibt es Alt. „Wir brauchen ein Vertrauensverhältnis.“ Jawoll! „Mit Angst können wir nicht arbeiten.“ Jawoll! Und immerhin haben die Jobcenter eine Durchschnittsschulnote von 2,5. Manche besser, manche schlechter, gibt er wider. Diese Zahl ist korrekt wiedergegeben aus der Sicht der internen telefonischen Umfragen. Aber wo bleibt der Aufschrei, dass eine über 70-prozentige Unzufriedenheit besteht? Der Aufschrei der Bundesagentur für Arbeit, dass ein sofortiger dringender Handlungsbedarf besteht.

Ebenso stößt es auf, wenn ein Alt zu einem durch Missstände seines Jobcenters Betroffenen sagt: „Wir haben mit ihnen keine gute Basis gefunden.“

Wer ist „wir“? Die Komplexität, der tausenden Mitarbeitern in den Jobcentern? Oder Alt? Wer vermittelt, den Ethos im Umgang mit den „Kunden“? Das “wir” ist doch weisungsberechtigt.

Aber immerhin arbeiten die Kollegen nicht im luftleeren Raum und die Betroffenen haben die Möglichkeit sich beim Vorgesetzten zu melden, so Alt weiter.

Nichtsdestotrotz kamen die „Kunden“ via Skype live zu ihren kritischen Aussagen, Alt wirkte erneut menschlich, vermied die Realität und Hallaschka ließ die Teilnehmer ausreden.

Mein Appell zur Unterstützung Hallaschka für die nächsten Folgen:

Ihr Mitarbeiter der Jobcenter: 

Meldet euch beim Sender, gebt eure Erfahrungen, seien sie positiv, seien sie mit Kritik, ungeschönt weiter. Aus Angst vor Repressalien dürft ihr dieses auch anonym beim Sender aussagen. Ich werde dabei sein!

Und in der nächsten Sendung erwarte ich Norbert Wiersbin – den ehemaligen Personalratsvorsitzenden eines kommunalen Jobcenters!

Quelle: sternTV; arbeitsagentur.de