Serie - Teil 2: Hartz IV verstößt gegen internationales und nationales Recht

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2. Die BRD bricht Völkerrecht im Stile eines notorischen Mehrfachtäters

Nach der Veröffentlichung des ersten Teils dieser Serie erreichte mich der freundliche Hinweis einer promovierten Juristin, den ich an dieser Stelle gerne aufgreife1:

Wir müssen in der Diskussion um die völkerrechtliche Bewertung des Hartz-Systems der Tatsache Rechnung tragen, dass die bereits im Jahre 1948 durch die Vereinten Nationen (UN) verkündete „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ 1976 durch 171 Staaten ratifiziert wurde, auch durch die Bundesrepublik Deutschland.2 Mithin sind diese Rechte bereits seit nunmehr 37 Jahren international anerkannt und haben auch für die BRD einen völkerrechtlich verbindlichen Status erlangt. Nach den jahrelangen, untauglichen Versuchen eine Europäische Verfassung zu verabschieden, sind dann die in o.g. UN-Erklärung fixierten Rechte in die im Jahre 2000 proklamierte „Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EMRK)“ eingeflossen, die mit dem Vertrag von Lissabon 2009 auch für die BRD verbindlich wurden. Wir müssen also konstatieren, dass die Bundesrepublik Deutschland bereits seit Jahrzehnten anerkanntes und verbindliches Völkerrecht bricht, geradezu im Stile eines notorischen Mehrfachtäters!

2.1. Artikel 3: Verbot unmenschlicher und erniedrigender Behandlung

Art. 3 der „Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EMRK)“ verbietet Folter und unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bzw. Strafe. Dieser Artikel ist die einzige Bestimmung der EMRK, die keinerlei Einschränkungen unterliegt. Selbst im Fall von Ausnahmesituationen wie dem Kampf gegen Terrorismus und im Falle von Entführungen, verbietet die EMRK Folter und unmenschliche Behandlung, eine Abweichung nach Art. 15 EMRK ist im Falle von Art. 3 nicht möglich. Das Folterverbot gilt damit absolut, jeder Eingriff stellt damit eine Verletzung dar.3

2.2.1.  Hartz IV ist die Ausgeburt der Unmenschlichkeit und Erniedrigung

Dem gegenüber zielt das SGB II (Hartz IV) jedoch bereits in seinen Grundzügen auf eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung der Leistungsberechtigten ab. Das beginnt bei der erzwungenen Offenlegung sämtlicher persönlicher Verhältnisse, gleitet über die Aufhebung des Bankgeheimnisses4 zielstrebig zur Entmündigung der Betroffenen5. Den tatsächlichen und millionenfachen Zwang zur Sklavenarbeit (neudeutsch auch „Leiharbeit“) dürfen wir getrost als weiteren Schritt zur unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung bewerten. Das alles gipfelt schließlich in der Sanktionspraxis im Rechtskreis des SGB II, wenn Menschen in den Hunger, in die Obdachlosigkeit, in lebensbedrohliche Krankheitsverläufe bis hin in den Tod getrieben werden.6

2.2.2. Von staatswegen: Vorsätzlicher Bruch der Völker- und Menschenrechte

Notorisch, vorsätzlich, bar jeder Menschlichkeit bricht die BRD von staatswegen also Völker- und Menschenrechte. Dabei hat sich auch Deutschland internationalem Recht verpflichtet: „Die Staaten sind verpflichtet, Individuen vor Folter und unmenschlicher Behandlung zu schützen, im Falle einer hinreichend konkreten Gefahr der Verletzung des Folterverbotes muss der jeweilige Staat aufgrund seiner Gewährleistungspflicht aus der EMRK entsprechende Maßnahmen zur Verhinderung von Folter ergreifen. Staatliches Eingreifen ist sowohl bei einer Gefährdung durch staatliche als auch durch nichtstaatliche Akteure gefordert. Die Schutzpflicht wird immer dann relevant, wenn das physische Wohlbefinden und die körperliche Integrität einer Person von staatlichen Maßnahmen abhängen, unabhängig davon, ob die Gefährdung staatlich verursacht ist oder durch Private erfolgt. Neben der reinen Schutzpflicht erwächst auch aus Art. 3 EMRK eine Untersuchungs- und Ermittlungspflicht des Staates. Bei Bestehen eines konkreten Verdachtes der Folter oder unmenschlicher Behandlung von Seiten des Staates oder durch Private ist der Mitgliedstaat verpflichtet, hinreichend effektive Ermittlungen einzuleiten und einen entsprechenden organisatorischen Rahmen zu schaffen, der unabhängige und schnelle Untersuchungen der Vorfälle ermöglicht.“7

Papier mag ja geduldig sein, erniedrigte und geknechtete Völker aber wohl nicht – jedenfalls nicht auf Dauer!

© Norbert Wiersbin (2013)

1 Der Hinweis erreichte mich aus Österreich! Ich danke an dieser Stelle nochmals für die wertvolle Zuarbeit.

4 Die Jobcenter haben das Recht, die Kontobewegungen bei den Banken abzufragen.

5 Leistungsberechtigte werden gezwungen, jede „zumutbare“ Arbeit anzunehmen, auch wenn diese nicht ihren Qualifikationen und Lebensplanungen entspricht. Desweiteren besteht über die sog. Residenzpflicht faktisch eine unzulässige Einschränkung der Bewegungsfreiheit.

6 Im Falle einer Totalsanktion nach §§ 31, 32 SGB II werden keine Beiträge an die Krankenkassen entrichtet, der Versicherungsschutz wird demnach aufgehoben und eine medizinische Versorgung der Erniedrigten ausgeschlossen.

7 Prof. Dr. Dr. Rainer Hofmann, a.a.o.