„Das deutsche Asylbewerberleistungsgesetz – staatlich gewollte Armut“

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nak-Sprecher Thomas Beyer beklagt Verfassungswidrigkeit des AsylbLG – Deutsche Norm ist in ihrer Härte europaweit einmalig

München/Berlin Es handelt sich um einen bald zwei Jahrzehnte andauernden Missstand: Mit dem im Jahr 1993 in Kraft getretenen Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) will der Gesetzgeber vorgeblich „Asylmissbrauch“ bekämpfen. Tatsächlich macht er für die in ihren Herkunftsländern nicht selten verfolgten Menschen durch Leistungseinschränkungen ein würdiges Leben auch in der Bundesrepublik unmöglich.  „Das deutsche Asylbewerberleistungsgesetz ist staatlich gewollte Armut“, urteilt Thomas Beyer, Sprecher der Nationalen Armutskonferenz (nak). Diese deutsche Norm für Asylbewerber ist in ihrer Härte europaweit einmalig. Beispielsweise wurde sie bis dato nie an die Preisentwicklung angepasst.

Auch vor folgendem Hintergrund sind die Inhalte des AsylbLG zynisch: Seit Anfang des Jahres ist die staatliche Unterstützung für Hartz IV-Empfänger um 10 Euro pro Monat aufgestockt worden. Diese ohnehin knappe finanzielle Unterstützung ist allerdings nicht die niedrigste für Bedürftige in Deutschland: Mehr als 80.000 Asylbewerber bundesweit bekommen monatlich zwischen 38 Prozent (Erwachsene) und 47 Prozent (Kinder) weniger Geld als die vergleichbaren Gruppen der Hartz IV-Empfänger vor der Erhöhung erhalten haben. Immerhin hatte das Bundesverfassungsgericht die Berechnungsrundlage der alten Hartz IV-Sätze für verfassungswidrig erklärt.

Zum Vergleich: Derzeit bekommt ein alleinstehender erwachsener Hartz IV-Empfänger 374 Euro monatlich. Ein volljähriger Asylbewerber dagegen muss mit 224,97 Euro im Monat über die Runden kommen.

„Diese geringen Beträge sind nicht nur Leistungen zweiter Klasse – sie sind schlicht und ergreifend verfassungswidrig. Die  Würde der Menschen wird hier grob verletzt“, sagt Beyer. Mit dieser Einschätzung stimmt er dem Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom Juli 2010  zu: Die zuständigen Richter haben das AsylbLG als verfassungswidrig angesehen und inzwischen dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt. Beyer: „Die finanziellen Leistungen für Asylbewerber müssen schleunigst der von Hartz IV-Empfängern angeglichen werden.“ Dies sei auch deshalb notwendig, weil in einigen Bundesländern wie Bayern die Zahl der Asylbewerber – und somit die der von Armut Betroffenen – steigt. Insgesamt haben sich in Deutschland im vergangenen Jahr 50 Prozent mehr Männer und Frauen um Asyl beworben als 2009.

Tragisch: Selbst können sich Asylbewerber, so genannte Geduldete und andere Personen mit eingeschränkten Aufenthaltstiteln nicht aus ihrer prekären Situation befreien. Auch das ist der restriktiven Ausgestaltung des AsylbLG geschuldet, zu der ein einjähriges Arbeitsverbot sowie ein nachrangiger Zugang zum Arbeitsmarkt für die Dauer von vier Jahren zählen. „Damit haben die Menschen faktisch keine Chance, selbst für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Sie sind vollkommen auf staatliche Unterstützung angewiesen“, stellt Beyer fest.