Wohnungslose Gemeinsam Aktiv

Veröffentlicht in Obdachlos

Sammlung von Best-Practice-Beispielen an der Schnittstelle Wohnungslose und Gemeinwesen in Europa und Materialsammlung zum Thema 'Gesellschaftliche Teilhabe von Wohnungslosen und von Wohnungslosigkeit bedrohter Menschen

Recherche im Auftrag von Gangway e.V. – Straßensozialarbeit in Berlin
Maik Eimertenbrink,
Berlin, 2012

 

„Obdachlose sind arm dran!“, so die gängige Meinung.
„Obdachlosen muss geholfen werden!“, eine weitere gängige Meinung.

Diese Meinungen sind in vielen Fällen sicherlich auch richtig. Wohnungslose Menschen oder Menschen mit Armutserfahrungen verfügen aber auch häufig über vielfältige Ressourcen, die aufgrund ihrer aktuellen Lebenssituation verschüttet sind und nur darauf warten, geweckt zu werden. Manchmal bedarf es nur einer geeigneten Initialzündung, einer Idee oder eines Unterstützungsangebotes, dass sie sich ihrer Möglichkeiten bewusst werden, sich zu beteiligen und aktiv an der Verbesserung ihrer Situation mitzuwirken.
Es gibt bereits zahlreiche Beispiele, wie sich wohnungslose Menschen engagieren. So nutzen z.B.^Wohnungslose ihre speziellen Stadtkenntnisse, um eigenwillige Stadtführungen anzubieten – mit großem Erfolg. Andere wiederum haben ihre Begeisterung für Kultur entdeckt: ob als Schauspieler_innen im Obdachlosentheater, als Sänger_innen im Straßenchor, als vortragende Autor_innen im Vagabunden-Slam oder als auch Fotograf_innen mit einem ganz eigenem Fokus.
Andere nutzen ihre Zeit sportlich z.B. als Libero im Homeless-Worldcup oder berichten als Lehrer_innen von ihren Erfahrungen an Grundschulen, Gymnasien oder in eigens gegründeten 'Obdachlosen-Unis'. Mehr noch: Wohnungslose machen Radio und TV, schreiben in Straßenzeitungen und -Blogs, bauen Häuser, legen Gärten an, kochen (halb-)öffentlich, bedrucken T-Shirts in der hauseigenen Siebdruckwerkstatt oder reparieren Fahrräder. Und einige versuchen
sich als Händler_innen von Trödel und Büchern oder als Imbissverkäufer_innen am eigenen Imbissstand.
Viele dieser Projekte werden in der nachfolgenden Best-Practice-Sammlung dargestellt und machen deutlich, wie vielfältig Menschen in besonderen Lebenssituationen ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten zu nutzen wissen. Wohnungslose, die durch ihr persönliches Engagement einen neuen Platz im Gemeinwesen finden, gewinnen ihre Souveränität zurück – und nicht nur ihre Konsumentensouveränität, wie Birgit Wiese1 beschrieben hat, sondern eine Souveränität in allen Bereichen des Lebens.
Im zweiten Teil der Publikation werden bereits vorhandene Netzwerke vorgestellt, die lokal, überregional oder auch europaweit verankert sind. Bei allen Netzwerken steht im Vordergrund, nicht über die Schicksale von Wohnungslosen zu entscheiden, sondern mit ihnen. Im letzten Teil werden schließlich verschiedene, wegweisende Publikationen zum Thema 'Gesellschaftliche Teilhabe von Wohnungslosen und von Wohnungslosigkeit bedrohter Menschen' vorgestellt.

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