10 000 Euro von Landeskirche für das „Armutsnetzwerk“

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Sulingen - „Wir sehen uns als Sprachrohr der von Armut betroffenen Leute“, definiert Dietmar Hamann die Intention des „Armutsnetzwerks“. Der Sulinger betreut das Internetportal, das laut Charta bestrebt ist, in Kooperation mit anderen nationalen Organisationen von Menschen mit Armutserfahrungen, Obdachlosen und Randgruppen den Kampf gegen Armut und Ausgrenzung zu verstärken, ihnen eine Stimme bei der politischen Entscheidungsfindung zu geben. Wie wertvoll diese Arbeit ist, lässt eine Zahl erahnen: Die Landeskirche Hannover unterstützt das Armutsnetzwerk mit 10 000 Euro.

Der Sulinger Dietmar Hamann (l.), der die Homepages betreut, mit Diakon und Sozialarbeiter Rüdiger Fäth <br />vom Kirchenkreis Diepholz. |  © Foto: Behling   ·
Der Sulinger Dietmar Hamann (l.), der die Homepages betreut, mit Diakon und
Sozialarbeiter Rüdiger Fäth vom Kirchenkreis Diepholz. | © Foto: Behling

„Ich kann mich nicht erinnern, dass es in den letzten zehn Jahren für ein Projekt eine Förderung in dieser Höhe gab“, stellt Rüdiger Fäth, Diakon und Sozialarbeiter im Kirchenkreis Diepholz, fest. „Das ist wohl die höchste Form der Anerkennung.“ Bislang waren jährliche Zuwendungen des Kirchenkreises die einzige öffentliche Unterstützung für das Armutsnetzwerk, das seine Wurzeln in Sulingen hat.

Jürgen Schneider, der mittlerweile seit 28 Jahren auf der Straße lebt, hatte die Idee, eine Internetseite mit Informationen für Wohnungslose zu schaffen, berichtet Fäth, „wo kriege ich meinen Tagessatz, wo gibt es Anlauf- und Beratungsstellen, wo Unterkünfte. Ich habe erst gedacht, das ist Spinnerei, kein Obdachloser trägt einen Computer mit sich rum...“ Dennoch brachte er Schneider mit Dietmar Hamann zusammen, von dem er wusste, dass er Erfahrungen mit dem Aufbau einer Homepage hat und sozial engagiert ist. „Das absolute Power-Team“, so Fäth: 2007 erschien „berber-info.de“ im Netz. Die Seite beinhaltet Daten und Artikel aus dem gesamten Bundesgebiet. Mit dem daraus entstandenen „Ableger“ Armutsnetzwerk (http://www.armutsnetzwerk.de) „hat das Projekt eine große Breite bekommen. Es ist mittlerweile eine ganz wichtige Arbeits- und Informationsplattform geworden“, betont Fäth, im Fokus stehen hier alle Menschen, die von Armut betroffen sind.

„Zu Beginn vor eineinhalb Jahren gab es rund 800 ‚echte‘ Zugriffe am Tag. Heute sind es 4 000“, verdeutlicht Dietmar Hamann. „Das Armutsnetzwerk ist auch das Informationsportal der Nationalen Armutskonferenz, des Dachverbandes aller großen Wohlfahrtsverbände in der Bundesrepublik.“ Artikel von Autoren, die ehrenamtlich beim Armutsnetzwerk mitmachen, verdeutlichen der Öffentlichkeit, was es bedeutet, in Armut zu leben, aber auch, wie es zu solchen Schicksalen gekommen ist. Fachleute stellen pragmatische Vorgehensweisen ein, etwas gegen Armut zu unternehmen.

Heute gibt es sogar eine europäische Dimension: Das Armutsnetzwerk ist Mitbegründer der „European Union of Homeless“, EUH. Die mehrsprachige Website http://www.eunion-of-homeless.org wird in Antwerpen durch Philippe DeCraen koordiniert – und in Sulingen durch Dietmar Hamann. Aktuelles Projekt: „Wir wollen europaweit so viele Wohnungslose erfassen wie möglich, durch eine Umfrage in allen 27 EU-Staaten.“ Die EUH gehört dem EAPN, dem Europäischen Netzwerk gegen Armut an: „Das sind alles Professionelle, sozusagen der ‚europäische Fürsorge-Adel‘ “, formuliert es Fäth – „es ist erstaunlich, dass wir mit unserem Projekt aus der 180 Grad anderen Richtung da reingekommen sind.“ Die Zuwendung an das Armutsnetzwerk durch die Landeskirche ist für Öffentlichkeitsarbeit, die Gebühren für die Internetpräsenz, aber auch Reisekosten bestimmt – „nicht für Personalkosten“, betonen Fäth und Hamann.

„Wir haben den Eindruck, die Bundesregierung will lieber kleine Gruppen von Betroffenen – Wohnungslose, Hartz-IV-Empfänger“, sagt Dietmar Hamann. „Doch wenn man alle von Armut betroffenen zusammenfasst, sind es zehn Millionen.“ Zehn Millionen, die mit dem Armutsnetzwerk ein Sprachrohr haben. · ab

Quelle: Sulinger Kreiszeitung