Freiherr-vom-Stein-Preis für die Kulturloge Marburg

Geschrieben von Lothar Hofmann aus Marburg . Veröffentlicht in Kooperation

Bei vielen Familien wird zu allererst am Freizeitvergnügen gespart, wenn das Geld knapp ist. Doch wie kann man Menschen mit geringem Einkommen dennoch den Zugang zu kulturellen Veranstaltungen ermöglichen? Auf diese Frage hat die Kulturloge Marburg e.V. eine innovative Antwort gefunden und wurde dafür nun mit dem Freiherr-vom-Stein-Preis 2011 ausgezeichnet.


Prof. Dr. Gesine Schwan hielt die Laudatio
auf Hilde Rektorschek
Foto: Lothar Hofmann

Das Konzept ist genauso einfach wie überzeugend: Nicht verkaufte Eintrittskarten werden kostenlos an Menschen mit wenig Einkommen weitergegeben. Die Kulturloge Marburg arbeitet mit insgesamt 47 Kooperationspartnern zusammen, die Eintrittskarten zur Verfügung stellen. In einem persönlichen Telefongespräch werden diese an den Kulturgast weitervermittelt. Ehrenamtliche Helfer lassen die Karten daraufhin beim Veranstalter an der Abendkasse auf den Namen des Gastes hinterlegen. So profitieren beide Seiten gleichermaßen — die Gäste kommen in den kostenlosen Genuss der Kulturereignisse, den Veranstaltern wiederum ist ein volles Haus gesichert. Gleichzeitig garantiert der Ablauf ein würdevolles Miteinander für alle Beteiligten. Über die Kartenvermittlung hinaus bietet die Kulturloge Marburg zusätzlich auf Wunsch hin eine Begleitperson oder einen Babysitter an, gegebenenfalls auch einen Fahrdienst.

Mit der Idee und Ausarbeitung des Konzeptes fungiert der Marburger Verein als Vorbild für die Entstehung weiterer Kulturlogen in ganz Deutschland. Mittlerweile gibt es Kulturlogen sieben weiteren Städten, vielerorts sind sie in Planung. Mit dieser großen Resonanz hatte Hilde Rektorschek, erste Vorsitzende des Vereins, nicht gerechnet, als sie 2010 das Projekt mitbegründete. „Besonders überrascht hat mich das große Vertrauen, dass uns von Anfang an von den Kulturgästen entgegen gebracht wurde“, so Rektorschek. Seit der Gründung hat der Verein bereits 3.000 Plätze bei Kulturveranstaltungen vermittelt, 1.100 Personen haben sich mittlerweile als Kulturgäste bei der Kulturloge Marburg fest angemeldet und es werden täglich mehr.

Für ihr beispielhaftes Engagement wurde die Kulturloge Marburg am 29. November 2011 in Berlin mit dem Freiherr-vom-Stein-Preis 2011 ausgezeichnet.

Der Freiherr-vom-Stein-Preis, dotiert mit 25.000 Euro, würdigt innovative und wegweisende Ideen zur zukunftsfähigen Gestaltung der Gesellschaft und zeichnet jene aus, die sich mit Initiative, Risikobereitschaft, Ausdauer und Kreativität selbstlos für das Gemeinwohl einsetzten. Er wird von der Alfred Toepfer Stiftung F.V.S. in Kooperation mit der Humboldt-Universität zu Berlin und der Stiftung MITARBEIT seit 2007 europaweit vergeben

Hilde Rektoeschek ist Mitglied des Armutsnetzwerks. Wir gratulieren.

Neu bei uns

Veröffentlicht in Kooperation

Maik Eimertenbrink, Jahrgang 1975, ist Dipl. Kommunikationswirt, Aktivist und Blogger. 2001 bis 2003 war er Mitglied beim Nachhaltigen Filmblick, 2008 gründete er zusammen mit Freunden den gemeinnützigen Verein Nachhaltigkeitsguerilla e. V., zu dessen Vorstand er gewählt wurde. Er hält Vorträge und Seminare zu den Themen „Aktivismus im öffentlichen Raum“, „Nachhaltigkeit und Social Media“ und „Umwelt- und Werbespsychologie“. Er hat mit seinem Blog zahlreiche Preise gewonnen und feste Anhängerschaft. Während seines Kommunikationsstudiums hat er sich schon auf Umwelt- und Nachhaltigkeitskommunikation spezialisiert und ist freiberuflich für Nachhaltigkeitsprojekte bei Werbeagenturen wie ‘Die goldenen Hirschen Berlin’ tätig. 2011 entwickelte er das Projekt 'Der fliegende Kaffee'.

Bestellt man einen „Fliegenden Kaffee“, zahlt man praktisch zwei Tassen Kaffee, trinkt aber nur einen selbst. Der andere Kaffee geht auf eine Liste von offenen „Fliegenden Kaffees“. Diese können von Gästen, die gerade etwas knapp bei Kasse sind, getrunken werden. So kann er kostenlos einen Kaffee genießen, entspannt Zeitung lesen oder sich mit Freunden treffen. Die Idee des „Fliegenden Kaffee“ ist nicht neu. In Neapel, ein Mekka des Kaffees, ist die Idee schon länger Teil der städtischen Kaffeekultur. Seit über 100 Jahren gibt es dort den „offenen Kaffee“. Jeder Napolitaner kennt den „Sospeso“.

Der „Fliegende Kaffee“ ist ein solidarisches Projekt zwischen Cafébetreibern und seinen Gästen. Deshalb bietet das Café den „Fliegende Kaffee“ auch preiswerter an, als zwei einzelne Kaffees. Das Café unterstützt so aktiv das Projekt frei nach dem Motto: Unser Café steht auch Menschen zur Verfügung, die weniger Geld haben!

Ein weiteres Projekt, welches Maik Eimertenbrink entwickelte ist die 'Obdachlosen-Uni' für Berlin. Als Vorbild galt hier u. a. die Straßenkreuzer-Uni in Nürnberg.