Sozialpolitik

Von der Leyen warnt vor Altersarmut

Veröffentlicht in Alter

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen warnt, dass künftig mehr Arbeitnehmer von Altersarmut betroffen sein könnten als bislang bekannt. Selbst Arbeitnehmer, die ihr Leben lang fleißig arbeiteten und ihr Leben fern von staatlicher Fürsorge finanzierten, seien später von Altersarmut bedroht, wenn sie keine zusätzliche Vorsorge betrieben.

Von der Leyen erläutert dies in einem Brief an die Junge Gruppe der Unionsfraktion: Arbeitnehmer, die 2500 Euro brutto im Monat verdienten und 35 Jahre lang Vollzeit gearbeitet hätten, erhielten demnach ab 2030 nur eine Rente in Höhe des Grundsicherungsbetrages von 688 Euro. Von der Leyen warnt, dass auch 40 Jahre Beitragszahlungen nur zu einer geringfügig höheren Rente führten. Nach derzeitiger Gesetzeslage müsse das durchschnittliche Monatsgehalt konstant in Vollzeit 2200 Euro brutto pro Monat betragen, um eine Rente knapp oberhalb der Grundsicherung zu erzielen.

Aufgrund der Absenkung des Rentenniveaus werde es keine Ausnahme mehr sein, "dass Niedrigverdiener, die Jahrzehnte gearbeitet, in die Rentenkasse eingezahlt und ihr ganzes Erwerbsleben unabhängig von staatlicher Hilfe bewältigt haben, mit dem Tag des Renteneintritts den Gang zum Sozialamt antreten müssen."

Die Rentenreform von 2003 sieht vor, dass das Rentenniveau bis 2030 von derzeit 51 Prozent auf 43 Prozent des durchschnittlichen Nettolohns vor Steuern sinkt. Die Absenkung des Rentenniveaus verteidigt von der Leyen: Angesichts der demografischen Entwicklung würden künftige Beitragszahler sonst überfordert.

In dem siebenseitigen Schreiben warnt sie: "Es steht nicht mehr und nicht weniger als die Legitimität des Rentensystems für die junge Generation auf dem Spiel." Denn schließlich hätten fleißige junge Menschen derzeit nicht mehr vom Rentensystem zu erwarten als jene, die ihr Leben lang nichts dergleichen leisten würden.

Von der Leyen wirbt um Zuschussrente

Mit diesen Warnungen betont von der Leyen zugleich die Forderung nach privater Vorsorge und wirbt für ihr Modell der Zuschussrente. Wer 30 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt hat, soll einen Aufschlag auf seine Ansprüche bekommen und so den Gang zum Sozialamt vermeiden.

Die Junge Gruppe der Unionsfraktion und der Koalitionspartner FDP kritisieren diesen Plan. Es handele sich um eine Ausweitung der Sozialleistungen auf Kosten der jüngeren Generation. Die Arbeitsministerin entgegnet dieser Kritik mit dem Argument, dass Anspruchsberechtigte ohne Zuschussrente zu 100 Prozent im System der Grundsicherung landen würden. Dieses werde im Wesentlichen über die Steuern der jungen Generation finanziert - ohne den Anreiz, so viel wie möglich sozialversicherungspflichtig zu arbeiten und privat vorzusorgen. Von der Leyen will sich nun am Mittwoch mit den Kritikern der Jungen Gruppe der Unionsfraktion zu einem Gespräch treffen.

Armutsnetzwerk: Gemeinsam gegen Individualisierung von Armut

Veröffentlicht in Pressemitteilungen

In Sulingen bei Bremen hat sich am Donnerstag, 23.08.2012 das Armutsnetzwerk offiziell als Verein gegründet. Ziel des Vereins ist die bundes- wie europaweite Vernetzung der von Armut, Ausgrenzung und Wohnungslosigkeit bedrohten und betroffenen Menschen und ihre Interessenvertretung.

„Wir wollen gemeinsam gegen die zunehmende Individualisierung von Armut kämpfen. Armut, Ausgrenzung, Niedriglöhne und Arbeitslosigkeit sind gesellschaftliche und strukturelle Probleme, die sich nicht mit Geldstrafen für Schulschwänzer oder dem kostenlosen Angebot von Energiesparberatung wegen zu hoher Stromkosten wegdiskutieren lassen.“ so Dietmar Hamann, frisch gewähltes Vorstandsmitglied des 2011 entstandenen Netzwerkes.

„In Politik und Gesellschaft besteht eine zunehmende Tendenz, Menschen mit zu geringem Einkommen oder in anderen Notlagen die Schuld an ihrer Lage selbst zuzuweisen. Gleichzeitig wird behaupten, Armut, Arbeitslosigkeit, Niedrigeinkommen, Wohnungslosigkeit und die damit zusammenhängenden Probleme könnten mit etwas gutem Willen oder Verhaltensänderungen überwunden werden.

Das ist falsch, begründet Vorurteile und vertieft die zunehmende gesellschaftliche Spaltung. Deshalb haben wir, auch als Betroffene, beschlossen, uns zu engagieren und Verantwortung einzufordern.

Eine soziale und gerechte Gesellschaft braucht mehr, als weiche Sprüche und harte Sanktionen!“, so Hamann weiter, der neben Brigitte Hartung aus Köln und York Töllner aus Villingen-Schwenningen in den Vorstand gewählt wurde.

Die Gründungsversammlung des Vereins beschloss einstimmig die Aufnahme in die Nationale Armutskonferenz (nak), die die gleichen Ziele verfolgt, zu beantragen. In der nak arbeiten Wohlfahrtsverbände, der DGB, Landesarmutskonferenzen und Selbst- und Fremdhilfeinitiativen und -organisationen zusammen.

Vereinssatzung Aufnahmeantrag

Andreas Geiger, Pressesprecher Armutsnetzwerk

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Informationen zur Arbeit des Armutsnetzwerkes auf nationaler Ebene, zu den Mitgliedsorganisation und international aktiven Gruppen und Initiativen:

www.armutsnetzwerk.de
www.berber-info.de
www.sozin.de

Informationen zur Arbeit des Armutsnetzwerkes auf europäischer Ebene:

www.eunion-of-homeless.org
www.eapn.eu

Nationale Armutskonferenz nak:

www.nationalearmutskonferenz.de

Die politische Dynamik von Arbeitsmarktreformen in Deutschland am Beispiel der Hartz IV-Reform

Veröffentlicht in Allgemeines

Während der deutsche konservative Wohlfahrtsstaat über einen sehr langen Zeitraum ein hohes Beharrungsvermögen verfügte, griff die Hartz IV-Reform tief in seine Leistungsstrukturen ein. Mit ihr wurde ein leistungsrechtlicher Strukturwandel verwirklicht, der die passive Absicherung durch Lohnersatzleistungen bei Arbeitslosigkeit erheblich reduziert hat, den Einkommens- und Berufsschutz faktisch abgeschafft und eine einheitliche organisatorische Anlaufstelle für Langzeitarbeitslose geschaffen hat.

Das Forschungsprojekt hatte zum Ziel, die politische Dynamik der Reform zu analysieren. Die Forschungsergebnisse auf der Grundlage von 40 Interviews mit Schlüsselakteuren der Reform legen nahe, dass die Reform aufgrund eines Zusammentreffens zweier Entwicklungen erfolgte: der Umorientierung der Schlüsselakteure in der Arbeitsmarktpolitik in Richtung der Begrenzung der Statussicherung für Langzeitarbeitslose im Interesse einer stärkeren Aktivierung von Arbeitslosen und die Anfang 2003 sich verstärkende Krise der fiskalischen und personellen Verschiebepolitik zwischen Bundeshaushalt, Sozialversicherungen und Gemeindehaushalten.

Anke Hassel, Christof Schiller
Die politische Dynamik von Arbeitsmarktreformen in Deutschland am Beispiel der Hartz IV-Reform
Abschlussbericht

Herzliche Einladung zur Solidaritätstafel

Veröffentlicht in Allgemeines

Caritas und Diakonie laden Sie zu einem besonderen Essen ein.
Als Zeichen gegen Armut und soziale Ausgrenzung:
Teilhabe und Würde für Menschen aller Generationen!

Samstag, 15. September 2012 in Hannover,
11 bis 14.30 Uhr, Georgstraße

 

Spendenmöglichkeit zugunsten des Projekts „Balu und Du“.
Vorprogramm ab 11 Uhr, Mittagessen ab 12 Uhr.
Schirmherrin: Sozialministerin Aygül Özkan
Mit dabei: Hannovers Bürgermeister Bernd Strauch

Mitwirkende:
Die Trommler von „Sambaria“,
die Band „Flugmodus“,
der Songwriter „Fritz Baltruweit“,
der Rapper „jmb“ und
die „Kunsthausierer Gleitze und Sievers“.

Mehr Informationen unter www.solidaritaetstafel.de

Pressemitteilung von Caritas und Diakonie

Caritas und Diakonie bitten am 15. September zu Tisch. Mitten in Hannovers Innenstadt wird an diesem Tag zwischen 11.00 und 14.30 Uhr eine 200 Meter lange Tafel mit 1000 Gedecken aufgebaut. Eingeladen sind alle interessierten Bürgerinnen und Bürger zur gemeinsamen Mahlzeit. Die Solidaritätstafel „Gemeinsam zu Tisch“ will ein Zeichen setzen gegen Armut und soziale Ausgrenzung und für die Teilhabe und Würde für Menschen aller Generationen. Schirmherrin ist Niedersachsens Sozialministerin Aygül Özkan, die an der Solidaritätstafel teilnimmt.

Appetit und Gesprächsbereitschaft sollten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mitbringen, wenn sie sich an die große Tafel in der Georgstraße setzen. Für eine leckere Mittagsmahlzeit sorgen haupt- und ehrenamtliche Mitarbeitende von Diakonie und Caritas. Die Mahlzeit ist kostenlos, um eine Spende für das Projekt „Balu und Du“, das Grundschulkinder fördert, wird gebeten. Auch für die Unterhaltung der Tafelgäste ist gesorgt. Neben musikalischen Beiträgen für alle Generationen (Trommel- und Tänzergruppe „Sambaria“, Band „Flugmodus“ sowie Rapper und Liedermacher) stellen sich soziale Projekte von Caritas und Diakonie vor, wie das Schrebergartenprojekt des Familienzentrums St. Vinzenz, die Straßenambulanz der Caritas, der Großelterndienst der Diakonie sowie das Projekt „Balu und Du“.  Über die Idee der Solidaritätstafel sprechen u.a. Diözesan-Caritasdirektor Dr. Hans-Jürgen Marcus und Diakonie-Direktor Dr. Christoph Künkel.

Zum Hintergrund der Solidaritätstafel:

Caritas und Diakonie erleben in ihren örtlichen Beratungsstellen und Einrichtungen sowie in den von Ehrenamtlichen getragenen Diensten und Angeboten täglich die Lebenssituation von armen und benachteiligten Menschen. Sehr deutlich nehmen sie die Zunahme von Armut und sozialer Ausgrenzung sowie die Grenzen der staatlichen, finanziellen Unterstützung wahr. In den letzten Jahren hat sich besonders der Anteil von älteren Menschen erhöht, die um Rat und Hilfe nachfragen. Armut im Alter wird für zunehmend mehr Menschen zur Lebensrealität. Diakonie und Caritas sind die soziale Arbeit der Kirchen. Der in der christlichen Nächstenliebe angelegte Einsatz für die Armen, Schwachen und Benachteiligten ist verpflichtendes Kriterium für beide Wohlfahrtsverbände. Diese Grundhaltung zielt auf die Verwirklichung gesellschaftlicher Teilhabe für alle Menschen. Die Solidaritätstafel will hierzu – zum zweiten Mal nach 2010 – ein öffentliches Zeichen setzen

Weitere Informationen:

Maike LukowÖffentlichkeitsarbeit
Diakonisches Werk der
Ev.-luth. Landeskirche Hannovers e.V.
Ebhardtstr. 3 A
30159 Hannover
Tel: 0511/3604-252
Mobil: 0162/2452320
www.diakonie-hannovers.de
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Engagement für Kinder in Armut: Marburger Organisation für besondere Wirksamkeit ausgezeichnet

Geschrieben von Hilde Rektorschek. Veröffentlicht in Allgemeines

Millionen Kinder in Deutschland leben in Armut. Der PHINEO-Themenreport „Kinder in Armut – Armut an Kindheit“ zeigt, welche Ansätze gemeinnütziger Organisationen wirkungsvoll gegen die Folgen von Kinderarmut helfen.

Berlin, August 2012 – Der Kulturloge Marburg e. V. kann sich freuen: Als eine von bundesweit 23 Organisationen erhält der Verein das PHINEO-Wirkt-Siegel im Themenfeld Kinder in Armut und wurde am 17.08.2012 bei der Deutschen Börse AG in Eschborn für sein vorbildliches Engagement feierlich ausgezeichnet. Die Kulturloge Marburg öffnet Kindern aus sozial benachteiligten Familien die Tür zu Kultur und damit zu Bildung und Teilhabe.

„Ich bin schon ein wenig stolz darauf, dass ich das mitangestoßen habe“, sagt Hilde Rektorschek, die Vorsitzende der ersten bundesweiten Kulturloge Marburg. Inzwischen habe der Verein 1300 Gäste, davon ist jeder Dritte ein Kind oder ein Jugendlicher. Das spricht für die erfolgreiche Kinder- und Jugendarbeit des Marburger Vereins. Und soll nach Rektorscheks Willen Vorbild auch für die übrigen 19 Kulturlogen im Bundesverband sein. Um das voranzutreiben, werde sie auch das Prüfsiegel verwenden.

Um sozialen Investoren zu zeigen, wie sie gesellschaftliches Engagement mit Wirkung im Themenfeld Kinder in Armut erkennen und stärken können, hat das unabhängige Analyse- und Beratungshaus Phineo in Berlin über ein Jahr lang eine umfassende Analyse vorgenommen. Der jetzt erschienene Themenreport „Kinder in Armut - Armut an Kindheit. Report über wirkungsvolles zivilgesellschaftliches Engagement“ stellt auf 36 Seiten die Ergebnisse vor. Förderpartner sind Unicef Deutschland, die Deutsche Börse, der Verein Children for a better World und die Stiftung Stifter für Stifter.In dieser Analyse wurden bundesweit 49 gemeinnützige Organisationen untersucht. 23 Projekte erhalten die Phineo-Qualitätsempfehlung.

Bundesregierung lehnt Wohnungsnotfallstatistik ab

Veröffentlicht in Obdachlos

BAG Wohnungslosenhilfe: Regierung ignoriert zunehmende Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit

Bielefeld, 09.08.2012. Die Bundesregierung verweigert sich ohne glaubwürdige Argumente der Einführung einer bundesweiten Wohnungsnotfallstatistik, die Umfang und Entwicklung der Räumungsklagen und Wohnungslosigkeit abbilden soll. Dabei wird eine solche Statistik von der gesamten Fachwelt seit mehr als dreißig Jahren gefordert.

Dies erklärte die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W), der Dachverband der Wohnungslosenhilfe, anlässlich der Antwort der Bundesregierung auf eine gemeinsame Kleine Anfrage der Oppositionsfraktionen im Bundestag (Drucksache 17/10114).

Repräsentative Aussagefähigkeit bundesweiter Wohnungsnotfallstatistik möglich

Die Bundesregierung behauptet, die so genannte Machbarkeitsstudie des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 1998 sei zu dem Ergebnis gekommen, die Einführung einer bundesweiten Wohnungsnotfallstatistik sei problematisch und kaum realisierbar. Demgegenüber muss festgestellt werden, dass die Studie zu dem gegenteiligen Ergebnis kam: Eine solche Statistik ist durchführbar. Eine Wohnungsnotfallstatistik zielt im Kern auf die jährliche Erfassung der unmittelbar von Wohnungslosigkeit bedrohten Menschen und der wohnungslos gewordenen Menschen ab. Dies ist nach Auffassung der BAG W für beide Gruppen in einem Umfang von mindestens 90 % erreichbar, eine statistisch völlig ausreichende Größe. Wenn man auf jede Statistik verzichtet, weil eine kleine Teilgruppe nicht erfasst wird, kann man zahlreiche Statistiken in Deutschland einstellen. Die BAG W kritisiert, dass die Regierungsfraktionen CDU/CSU und FDP ohne weitere fachliche Begründung aus einer fraktionsübergreifenden Initiative aller Bundestagsparteien vom Februar 2011 ausgestiegen sind. Der Geschäftsführer der BAG W, Thomas Specht: „Angesichts zunehmender Wohnungsnot, immer häufiger von Räumungsklagen bedrohter Familien und mehr wohnungslosen jungen Menschen, ist die Haltung der Bundesregierung nicht nachvollziehbar.“

Während sich die Bundesregierung einerseits auf Erhebungen und Schätzungen der BAG W beruft, stellt sie im gleichen Atemzug fest, dass „deren Repräsentativität von der BAG W selbst nicht abschließend beurteilt werden kann.“ Genau aus diesem Grund fordert die BAG W allerdings eine repräsentative Wohnungsnotfallstatistik, während die Bundesregierung offensichtlich bereit ist, vor dem tatsächlichen Umfang von Armut und Wohnungsnot weiter die Augen fest zu verschließen.

Zusammenhang von Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit belegt

Der Auffassung der Bundesregierung, dass Wohnungslosigkeit heute nicht mehr in erster Linie auf einem Fehlbestand an Wohnungen, sondern in der Regel auf einer Reihe anderer sozialer bzw. psycho-sozialer Ursachen beruhe, wies die BAG W entschieden als unhaltbar zurück: „Die Entwicklung am Wohnungsmarkt, insb. schnell steigende Preise für Mietwohnungen im Zusammenwirken mit zurückbleibender Mietzahlungsfähigkeit durch Zunahme der Armut in Deutschland, ist eindeutig der entscheidende Treiber für zunehmende Wohnungslosigkeit und Wohnungsnot“, so Specht. Wer Wohnungslosigkeit in die „Psychokiste“ entsorgen wolle, der brauche offenbar eine Ablenkung von den jahrelangen Versäumnissen in der Wohnungspolitik. Bis zum Jahr 2017 werden in Deutschland über 800.000 Mietwohnungen, insbesondere in Ballungszentren, Groß- und Universitätsstädten fehlen, wenn nichts getan wird – so der Deutsche Mieterbund. Da diese fehlenden Wohnungen nicht über Nacht gebaut werden können, zumal der soziale Wohnungsbau praktisch abgeschafft worden ist, werden sich Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit weiter verschärfen.

Bund hat Kompetenz und Pflicht zur gesetzlichen bundesweiten Wohnungsnotfallstatistik

Die Bundesregierung behauptet eine Nicht-Zuständigkeit des Bundes und verweist auf Kommunen, die die notwendigen Daten doch erheben könnten. Demgegenüber stellt die BAG W klar, dass der Bund für zunehmende Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit maßgeblich mitverantwortlich ist. Schließlich bestimmt er mit den Sozialgesetzbüchern II („Hartz IV“) und SGB XII (Sozialhilfe) über den Regelsatz, mit der geplanten Verschärfung des Mietrechts und der absehbaren Verteuerung der Wohnkosten durch die Energiewende als Gesetzgeber die Rahmenbedingungen des Wohnungsmarktes entscheidend mit. Auch wenn die Föderalismusreform die Zuständigkeit in der Wohnungspolitik vom Bund auf die Länder verlagert hat, kann daraus keinesfalls eine Nicht-Zuständigkeit für Bundesstatistiken abgeleitet werden. Im Gegenteil: Nur der Bund ist in der Lage für bundeseinheitliche und vergleichbare Statistiken im gesamten Bundesgebiet zu sorgen: „Schon innerhalb eines Landkreises oder eines Regierungsbezirkes sind heute die wenigen verfügbaren Zahlen unvergleichbar. In vielen deutschen Gemeinden und Kommunen fehlen sogar aussagekräftige Zahlen“, so Specht.

Die seit dem 1.11.2011 erneuerte landesweite Wohnungsnotfallstatistik des Landes Nordrhein-Westfalen zeigt, dass auch eine bundesweite Wohnungsnotfallstatistik möglich ist. Dennoch verweist die Bundesregierung unter dem Vorwand der verfassungsrechtlichen Zuständigkeitsverteilung nur auf die Bundesländer. Wie aber die Bundesregierung ohne ein Rahmengesetz, wie die BAG W es fordert, eine bundeseinheitliche Statistik der Bundesländer garantieren möchte, bleibt ihr Geheimnis. „Es ist Zeit mit dem Schwarzen Statistik-Peter in Sachen Wohnungsnotfallstatistik aufzuhören. Ich fordere Bundesbauminister Ramsauer auf, sich mit uns zusammenzusetzen und gemeinsam mit allen Bundesländern den Weg zu einer überfälligen Reform zu gehen, die den Staat wenig kostet, aber hilft, zukünftige Kosten der Wohnungsnot einzusparen“, so Thomas Specht.

Anlage:

Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sören Bartol u.a. und der Fraktion der SPD sowie den Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucksache 17/10414

Für weitere Rückfragen stehen Ihnen gerne zur Verfügung:
Dr. Thomas Specht, Geschäftsführer BAG W, (05 21) 1 43 96 – 15 / mobil 0151/25250211,

Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! oder
Werena Rosenke, stellv. Gf und Ltg. Presse/ÖA (05 21) 1 43 96 - 11,

Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

E-Mail persönlich: HYPERLINK "mailto: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
T. (05 21) 1 43 96 - 11
F. (05 21) 1 43 96 - 19


Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V.
Sudbrackstr. 17 ? 33611 Bielefeld ?
Tel.: (05 21) 1 43 96-0 ? Fax: (05 21) 1 43 96-19

Anmerkung: Das passende Bild wurde vom Administrator hin zugefügt.

Wohnungslose Gemeinsam Aktiv

Veröffentlicht in Obdachlos

Sammlung von Best-Practice-Beispielen an der Schnittstelle Wohnungslose und Gemeinwesen in Europa und Materialsammlung zum Thema 'Gesellschaftliche Teilhabe von Wohnungslosen und von Wohnungslosigkeit bedrohter Menschen

Recherche im Auftrag von Gangway e.V. – Straßensozialarbeit in Berlin
Maik Eimertenbrink,
Berlin, 2012

 

„Obdachlose sind arm dran!“, so die gängige Meinung.
„Obdachlosen muss geholfen werden!“, eine weitere gängige Meinung.

Diese Meinungen sind in vielen Fällen sicherlich auch richtig. Wohnungslose Menschen oder Menschen mit Armutserfahrungen verfügen aber auch häufig über vielfältige Ressourcen, die aufgrund ihrer aktuellen Lebenssituation verschüttet sind und nur darauf warten, geweckt zu werden. Manchmal bedarf es nur einer geeigneten Initialzündung, einer Idee oder eines Unterstützungsangebotes, dass sie sich ihrer Möglichkeiten bewusst werden, sich zu beteiligen und aktiv an der Verbesserung ihrer Situation mitzuwirken.
Es gibt bereits zahlreiche Beispiele, wie sich wohnungslose Menschen engagieren. So nutzen z.B.^Wohnungslose ihre speziellen Stadtkenntnisse, um eigenwillige Stadtführungen anzubieten – mit großem Erfolg. Andere wiederum haben ihre Begeisterung für Kultur entdeckt: ob als Schauspieler_innen im Obdachlosentheater, als Sänger_innen im Straßenchor, als vortragende Autor_innen im Vagabunden-Slam oder als auch Fotograf_innen mit einem ganz eigenem Fokus.
Andere nutzen ihre Zeit sportlich z.B. als Libero im Homeless-Worldcup oder berichten als Lehrer_innen von ihren Erfahrungen an Grundschulen, Gymnasien oder in eigens gegründeten 'Obdachlosen-Unis'. Mehr noch: Wohnungslose machen Radio und TV, schreiben in Straßenzeitungen und -Blogs, bauen Häuser, legen Gärten an, kochen (halb-)öffentlich, bedrucken T-Shirts in der hauseigenen Siebdruckwerkstatt oder reparieren Fahrräder. Und einige versuchen
sich als Händler_innen von Trödel und Büchern oder als Imbissverkäufer_innen am eigenen Imbissstand.
Viele dieser Projekte werden in der nachfolgenden Best-Practice-Sammlung dargestellt und machen deutlich, wie vielfältig Menschen in besonderen Lebenssituationen ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten zu nutzen wissen. Wohnungslose, die durch ihr persönliches Engagement einen neuen Platz im Gemeinwesen finden, gewinnen ihre Souveränität zurück – und nicht nur ihre Konsumentensouveränität, wie Birgit Wiese1 beschrieben hat, sondern eine Souveränität in allen Bereichen des Lebens.
Im zweiten Teil der Publikation werden bereits vorhandene Netzwerke vorgestellt, die lokal, überregional oder auch europaweit verankert sind. Bei allen Netzwerken steht im Vordergrund, nicht über die Schicksale von Wohnungslosen zu entscheiden, sondern mit ihnen. Im letzten Teil werden schließlich verschiedene, wegweisende Publikationen zum Thema 'Gesellschaftliche Teilhabe von Wohnungslosen und von Wohnungslosigkeit bedrohter Menschen' vorgestellt.

Recherche als PDF

"Arbeit und Wohnung -- zwei Bausteine eines "gesicherten" Lebens.

Veröffentlicht in Allgemeines

 

Aber was, wenn die Arbeit wegbricht? Wenn man versucht, sich mit Hartz IV, Mini-Jobs, Ein-Euro-Jobs etc. durchzuschlagen, sein Bestes gibt und trotzdem daran zweifelt, wieder auf dem 1. Arbeitsmarkt Fuß zu fassen? Und was ist, wenn dieser Teufelskreis dazu führt, die eigene Wohnung zu verlieren? Laut verschiedener Studien haben strukturelle Veränderungen des Arbeitsmarkts dazu geführt, dass immer mehr Menschen, auch außerhalb der bekannten "Risikogruppen", Angst davor haben, ihre Wohnung zu verlieren und wohnungslos zu werden.

Seit einigen Monaten arbeiten zwei junge Filmemacher aus Deutschland und Großbritannien an einer Dokumentation über prekäre Lebensbedingungen und neue Formen der Angst vor Obdachlosigkeiten in ihren Heimatländern. Ihre Arbeit wird gefördert aus öffentlichen Mitteln und möchte das Thema nicht reißerisch behandeln, sondern respektvoll und mit gründlicher Recherche. Die Filmemacher sind den Betreibern von armutsnetzwerk.de persönlich bekannt. 

Kennen Sie Menschen, die aufgrund von schwierigen Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt konkret Angst davor haben, ihre Wohnung zu verlieren, oder bereits selbst von "verdeckter Obdachlosigkeit" betroffen sind? Oder arbeiten Sie in dem Feld und haben Interesse daran, ihre Erfahrungen zu teilen? Wenn Sie bereit sind, unverfänglich mit einem der Filmemacher zu telefonieren, bitten wir um eine kurze Email an  Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! . "