Sozialpolitik

Ja, Armut ist politisch gewollt

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Debatte über Armut in Deutschland

Von Katrin Brand, WDR, ARD-Hauptstadtstudio

"Armut ist politisch gewollt", hat die Nationale Armutskonferenz heute behauptet. Ein starker Satz, eine kalkulierte Provokation, aber stimmt es auch?

Armut ist zunächst einmal Definitionssache. Als armutsgefährdet gilt, wer weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens zur Verfügung hat, also derzeit weniger als 950 Euro. Jeder Student ist demnach arm. Er wird sich aber nicht so fühlen, weil er hoffen kann, nach dem Studium gut zu verdienen.

Auch die bald acht Millionen Menschen, die Hartz IV benötigen, werden nicht allesamt ewig in dieser Lage verharren. Wer weiß, vielleicht findet sich bald ein gut bezahlter Job. Wer aber Vollzeit arbeitet und dennoch den Staat um Aufstockung bitten muss, dem kommt die Hoffnung auf bessere Zeiten womöglich abhanden. Wer gerne arbeiten möchte, aber nicht weiß, wohin mit den Kindern, dem fehlt ebenfalls die Perspektive und seinen Kindern erst recht. Wessen Ehe zerbricht, wer krank wird, wem die Wohnung gekündigt wird, der verliert womöglich den Anschluss und rutscht ab.

Staat kann und muss Rahmen setzen

Armut hat also womöglich etwas mit Hoffnungslosigkeit, mit Mangel an Chancen oder auch nur mit Pech zu tun. Ist dafür der Staat verantwortlich? Nein und ja. Nein, denn natürlich ist jeder für sein Leben verantwortlich. Ja, denn der Staat muss den Rahmen dafür setzen, dass jeder für sein Leben sorgen kann. Gegen Hungerlöhne kann er Mindestlöhne setzen. Mit Krippen, Kitas und Ganztagsschulen fördert er die Kinder und entlastet die Eltern. Und denen, die gerade arm dran sind, erspart er mit einem anständigen Hartz-IV-Satz das Gefühl, nichts wert zu sein.

Wer heute trotz Arbeit arm ist, wird im Alter noch weniger haben. Und deshalb muss sich der Staat von heute vor allem der Jugend von heute annehmen. Jeder Teenie mit Lehrstelle ist eine Hoffnung mehr.

Regierung verzettelt sich

Die Bundesregierung geht keines dieser Themen mit dem nötigen Ehrgeiz an. Sie verzettelt sich in Diskussionen über Zuschussrente, Betreuungsgeld und Lohnuntergrenzen und kneift beim Hartz-IV-Satz das Portemonnaie zusammen.

Die Bundesregierung kann die Armut nicht abschaffen. Sie kann aber an vielen Stellschrauben drehen und die Chancen der Menschen verbessern. Wenn sie es nicht tut, nimmt sie Armut hin. Auch etwas hinzunehmen, ist eine politische Handlung. Also stimmt es. Ja, Armut ist in Deutschland politisch gewollt.

Oslo im Dezember 2012

Geschrieben von r.Wener Franke. Veröffentlicht in Allgemeines

Der 10 Dezember, Todestag des schwedischen Erfinders und Industriellen Alfred Nobel, ist alljährlich ein denkwürdiger Tag.

So wird der Tag der Menschenrechte begangen. Bärbel Dieckmann, Präsidentin der Welthungerhilfe beklagte in Ihrem Interview auf Deutschlandradio Kultur, das die Armut nicht in Gänze bekämpft werden kann. Doch es ist eine Schande, dass auf diesem Globus über 900 Mio. Menschen hungern müssen. Lebensmittel, so Dieckmann weiter, seien für alle Menschen ausreichend vorhanden. Niemand müsse Hunger erleiden.

Seit 1901 wird der Nobelpreis an verdiente Wissenschaftler in den Fachgebieten Chemie, Physik, Psychologie oder Medizin, Literatur und Friedensbemühungen verliehen. Seit 1968 gibt es weiterhin in Gedenken an Alfred Nobel den von der schwedischen Reichsbank gestifteten Preis für Wirtschaftswissenschaften. Alle Preise außer dem Friedensnobelpreis werden vom schwedischen König in Stockholm verliehen.

Am 10 Dezember 2012 wurde der Friedensnobelpreis der Europäischen Union verliehen. Repräsentanten, wie von Rompuy, Barroso Schulz sowie die Bundeskanzlerin gaben wortreiche Statements ab. Frau Merkel sagte unter anderem, dass sich das gegenseitige Verständnis innerhalb Europas weiterentwickeln müsse, damit die jungen Menschen auf diesem Kontinent eine Zukunft haben.

Kann diese EU mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet werden, wenn 80 Mio. Menschen in Armut leben? In unserer Republik sind es 15,8 %, nahezu ein Sechstel der deutschen Bevölkerung. Armut muss nicht sein. Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, mit ihrer Strategie 2020 das Armutsrisiko bis zum Jahr 2020 für 20 Mio. Menschen zu reduzieren. Auf dem europäischen Treffen der Menschen mit Armutserfahrung sagte der dänische Staatssekretär, dass dieses Ziel nicht erreicht werde, da die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinandergeht. Menschenwürdiges Leben bedeutet, dass alle Menschen am gesellschaftlichen und am kulturellen Leben teilhaben können. Menschenwürdiges Leben bedeutet, dass die Menschen ein Recht auf bezahlbaren Wohnraum haben. All diese Forderungen müssen europaweit gesetzlich verankert werden und schnellstens umgesetzt werden.

Das EAPN hat die europäischen Staaten und den cypriotischen Ratspräsidenten aufgefordert, sich zu äußern, inwieweit Maßnahmen gediehen sind, die Ziele der Strategie 2020 zu erreichen. Dieser Offene Brief wurde von fast allen Staaten ignoriert. Drei EU-Mitglieder haben geantwortet. Die Bundesrepublik Deutschland reagierte nicht.

Unser Land ist ein reiches Land. In Berlin leben jedoch zwischen 10.000 und 12.000 ohne Wohnung. Ist dies ein menschenwürdiges Dasein?

Sollte der Friedensnobelpreis nicht Ansporn sein , die Armut in Europa auf null zu fahren und sich für den Frieden einsetzen?

Positionspapier des Bündnisses für ein menschenwürdiges Existenzminimum vorgelegt

Veröffentlicht in Pressemitteilungen

Am 6. Dezember hat das „Bündnis für ein menschenwürdiges Existenzminimum“ sein beigefügtes Positionspapier der Öffentlichkeit vorgestellt.

Anlass ist die oftmals prekäre Lage von Millionen Betroffenen, die trotz wachsenden gesellschaftlichen Reichtums unter permanenten Geldsorgen und gesellschaftlicher Ausgrenzung leiden. Hartz IV- und Sozialhilfeberechtigte, von Armut bedrohte RentnerInnen, kranke oder behinderte Menschen und Flüchtlinge stehen am Ende einer Armutsspirale. Diese setzt sich von unfairen Erzeugerpreisen über Billigstlöhne in der Verarbeitungs- und Handelskette millionenfach fort und nimmt die Ausplünderung natürlicher Ressourcen sowie die Zerstörung regionaler Märkte in Kauf. Die bedrückenden Zahlen zur Kinderarmut zeigen, dass schon vom ersten Tag an viele Kinder sozialer Ausgrenzung ausgesetzt sind.

Das "Bündnis für ein menschenwürdiges Existenzminimum" stellt fest: Um das soziokulturelle Existenzminimum endlich verlässlich zu sichern, ist ein deutlich höherer Regelsatz dringend erforderlich. Das Bündnis will eine breite gesellschaftliche Debatte darüber anstoßen, was erforderlich ist, um ein gutes Leben für alle Menschen zu ermöglichen.

Beigefügt finden Sie die Materialien und Texte des Bündnisses.
Leporello und Broschüre können entweder über die Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen
http://www.erwerbslos.de/koordinierungsstelle.html  kostenfrei bestellt werden.

Aktuelle Informationen bringt die Homepage des Bündnisses: http://www.menschenwuerdiges-existenzminimum.org/
sowie auf unserer facebook-Seite: http://www.facebook.com/menschenwurdiges.existenzminimum

Wir freuen uns über die Unterstützung des Bündnisses durch die nationale Armutskonferenz.

Michael Schröter
Sozialpolitik gegen Armut und soziale Ausgrenzung
Zentrum Migration und Soziales
Diakonie Deutschland - Evangelischer Bundesverband
Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V.

Neue Anschrift und Telefonnummer:
Caroline-Michaelis-Str. 1
10115 Berlin
Telefon +49 (0)30 65211-1636
mailto: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
www.diakonie.de www.brot-fuer-die-welt.de  I  www.diakonie-katastrophenhilfe.de  |  www.evangelische-beratung.info

Zum Download:

Flyer DIN A4
Leporello
Broschüre zum Existenzminimum PDF

Nationale Armutskonferenz fordert Änderung des Grundgesetzes

Geschrieben von nak. Veröffentlicht in Pressemitteilungen

nak-Sprecher Thomas Beyer zum Internationalen Tag der Menschenrechte am 10. Dezember: „Das Menschenrecht auf Wohnung muss verankert werden“

Es ist etwas, das allen Menschen auf der Welt zusteht: „Jeder hat das Recht auf einen Lebensstandard, der seine und seiner Familie Gesundheit und Wohl gewährleistet, einschließlich (…) Wohnung (…).“ Das steht in Artikel 25, Absatz 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. „Deshalb fordern wir als Nationale Armutskonferenz von der Politik, das Menschenrecht auf eine Wohnung durch einen neuen, eigenen Artikel im Grundgesetz zu verankern“, erklärt Thomas Beyer, Sprecher der Nationalen Armutskonferenz (nak), anlässlich des Internationalen Tags der Menschenrechte. Die nak hat dieser Forderung bereits mit einer Resolution Nachdruck verliehen (siehe Anhang).

Die eigenen vier Wände sind essentiell für die Entwicklung und das Wohlergehen eines jeden Menschen. „Zudem wird ein fester Wohnsitz fast überall vorausgesetzt. Beispielsweise bei der Suche nach einem Arbeitsplatz, um ein Fahrzeug anzumelden oder um eine Lohnsteuerkarte zu beantragen“, sagt Beyer. Da sei es fatal, dass zunehmend mehr Bürgerinnen und Bürger ihre Wohnung nicht ohne staatliche Transferleistungen finanzieren können.

Schlimmer noch: Wie viele Menschen in der Bundesrepublik wohnungslos sind, kann niemand offiziell beziffern, weil es keine amtliche Statistik dazu gibt. Das nak-Mitglied BAG Wohnungslosenhilfe schätzt indes, dass im Jahr 2010 rund 354.000 Menschen wohnungslos waren. Als wohnungslos gilt, wer keine eigene Bleibe hat oder Gefahr läuft, diese zu verlieren. Auch wer in unzumutbaren Wohnverhältnissen lebt, gilt als wohnungslos.

Ehre, wem Ehre gebührt

Geschrieben von nak. Veröffentlicht in Pressemitteilungen

Internationaler Tag des Ehrenamtes am 5.12.2012: nak-Sprecher Thomas Beyer bedankt sich bei allen, die sich ehrenamtlich für Menschen, die in Armut leben, engagieren

Die Nationale Armutskonferenz (nak) verdankt ihm ihre Existenz: dem Ehrenamt. „Ohne das Engagement zahlreicher Menschen, die sich freiwillig und unentgeltlich für die Belange von Menschen mit Armutserfahrung einsetzen, gebe es uns als nak überhaupt nicht. Von der Basis bis zum Sprecherkreis sind wir eine ganz überwiegend durch Ehrenamtliche ermöglichte Lobby für bedürftige Menschen“, sagt Thomas Beyer, Sprecher der Nationalen Armutskonferenz (nak), anlässlich des Internationalen Tags des Ehrenamtes am morgigen Mittwoch.

Was Beyer besonders beeindruckt: „Viele derjenigen, die sich bei uns engagieren, haben nicht nur in der Vergangenheit eigene Erfahrungen mit Armut gemacht. Einige sind bis heute von Bedürftigkeit betroffen.“ Dennoch brächten sie die Energie auf, sich für andere Menschen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, einzusetzen. Ein Beispiel: das Treffen der Menschen mit Armutserfahrung. Mit dieser Zusammenkunft richtet sich die nak nicht nur an Betroffene. Das Treffen wird von Betroffenen maßgeblich mitorganisiert und findet einmal pro Jahr statt. Der Erfahrungsaustausch zu drängenden Problemen wie Wohnungslosigkeit steht dabei stets im Mittelpunkt.

Laut dem nak-Sprecher gibt es keinen besseren Beleg für Motivation und Gemeinschaftssinn als ein Ehrenamt. Erst recht, wenn es von Menschen ausgeübt wird, die sich selber in einer schwierigen Lebenslage befinden. Beyer: „Ich kann nur sagen: Ehre, wem Ehre gebührt. In diesem Sinne möchte ich mich insbesondere bei all jenen bedanken, die die nak mit ihrem freiwilligen Engagement zur Stimme der Armen machen. Generell gilt mein Respekt allen Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren.“

Pressemitteilung der BAG W zum Armuts- und Reichtumsbericht

Geschrieben von BAG W. Veröffentlicht in Pressemitteilungen

Neuer Armuts- und Reichtumsbericht stellt Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit völlig unzureichend dar– BAG Wohnungslosenhilfe fordert echte Beteiligung statt Feigenblattpolitik

Bielefeld, 26.11.2012. Anlässlich der bevorstehenden Verabschiedung des IV. Armuts- und Reichtumsberichtes (Fassung vom 21.11.2012) durch die Bunderegierung moniert die BAG Wohnungslosenhilfe e.V. , der Dachverband von mehr als 1200 Diensten und Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe, die völlig unzureichende Darstellung von Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit im Bericht.

Gewählte Methode unzureichend

Wie der ARB IV auf S. 74 selbst einräumt, ist der lebenslaufbezogene Ansatz für die Darstellung der Problematik der Wohnungslosigkeit ungeeignet; das gilt – wie der Bericht festhält- auch für die Themen Straffälligkeit und Überschuldung. Das Gleiche kann man aber auch für Suchtproblematik, Behinderung und psychische Krankheiten behaupten und letztlich für die Analyse und Darstellung von Armut im Bericht generell behaupten.

Der lebenslaufbezogenen Ansatz ist zwar an einzelnen Punkten zur Feststellung von Interventionsbedarfen brauchbar, allerdings nur dann, wenn man ihn nicht zum leitenden Prinzip macht, sondern als Erkenntnismittel innerhalb eines lebenslagenbezogenen Ansatzes verwenden würde. Als methodisches Generalprinzip unterläuft der lebenslaufbezogene Ansatz jedoch den erforderlichen Gesamtblick auf eine Lebenslage und steht damit einem ganzheitlichen Politikansatz entgegen.

Zur Darstellung von Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit im ARB IV

Das methodische Prinzip der Lebenslauforientierung führt zur Verbannung des Themas Wohnungslosigkeit in den Bereich der statistischen Indikatorendarstellung. Damit wird das Thema nicht nur darstellerisch auf Statistik reduziert, sondern auch in der Darstellung selbst werden keinerlei Zusammenhänge – von denen es reichlich gibt – deutlich. Es findet eine reine Zahlenhuberei statt, die im Bericht zu keinerlei Schlüssen führt.

Die weitere Zusammenstellung der Themen ist willkürlich und reflektiert in keiner Weise das von uns an die Bundesregierung übersandte Material.

Kurzzeithilfen dominant?

Unter Verweis auf eine Statistik der BAG W wird behauptet, die Wohnungslosen würden zu 60 % die Hilfe maximal drei Monate benötigen. Das ist eine grob unzulässige Interpretation der Daten:

• Die Tabelle zeigt nur die Verweildauer auf, nicht die Hilfenachfrage; die kann vorher oder nachher weitergehen, z.B. durch Vermittlung an andere Stellen (in der Regel 30-40%).

• Es handelt sich nicht um Familien und Alleinstehende, sondern fast nur um Alleinstehende

BAG Wohnungslosenhilfe e. V. Seite 2 von 3 26.11.2012

• Aus der Verweildauer kann in keiner Weise auf den Erfolg der Hilfe geschlossen werden, da er gar nicht erhoben wird.

Psychische Krankheit ein Leitsymptom?

So wird im Abschnitt „Aufsuchende Hilfen wirken“ ein Thema aufgegriffen, das maximal 1500 -2000 Menschen von ca. 150.000 betroffenen alleinstehenden Personen betrifft. Zudem wird noch durch fehlerhafte Interpretation der Daten von Freudenberg (2012) der Eindruck erweckt, die Mehrheit der Straßenpopulation sei psychisch krank. Ferner steht in keiner Weise fest, ob psychi-sche Krankheit zur Wohnungslosigkeit führt oder nicht vielmehr dadurch verstärkt wird.

Präventive Maßnahmen haben Vorrang

Im Schlussabschnitt verweist der Bericht auf Kommunen und Länder als Verantwortliche für Prävention. Der Bund bleibt völlig außen vor. Das ist – wie zahlreiche Stellungnahmen der BAG W belegen – völlig unzutreffend:

• Nachweisbar führen die Sanktionen im SGB II bei Jugendlichen vermehrt zu Wohnungs-verlusten

• Die Instrumentenreform hat zu einer Streichung der Arbeitsförderung um 50-60 % geführt, die ins. die sozial Ausgegrenzten trifft

• Der Bund ist zuständig für die Koordinierung einer Gesamtstrategie gegen Wohnungsnot, zu der als grundlegendes Element eine Wohnungsnotfallstatistik gehört.

• Der Bund ist mitzuständig für die Verausgabung der ESF- Mittel zur Armutsbekämpfung. Ein Verweis auf ESF-Förderprogramme zur Bekämpfung der Wohnungslosigkeit fehlt – in der Tat gibt es sie auch nicht, aber sie wären notwendig.

Bisherigen Beteiligungsformen der zivilgesellschaftlichen Organisationen am ARB IV ungenügend:

• Fachbezogene Materialien der BAG W werden so gut wie nicht genutzt

• Die Termine werden viel zu kurzfristig angesetzt, so dass der Eindruck entsteht ist, eine Beteiligung sei von der Regierung gar nicht gewünscht.

• Das Streichen der letzten Sitzung des offiziellen Beraterkreises und die Reduktion der „Beteiligung“ auf eine schriftliche Stellungnahme verstärken diesen Eindruck.

• Die BAG W fordert, den gesamten Beteiligungsprozess neu, transparent und so wirksam zu gestalten, dass er das Wort „Beteiligung“ verdient.

Resümee

Es handelt sich um eine unvollständige und zum Teil irreführende Darstellung von Wohnungslosigkeit in Armuts- und Reichtumsbericht IV.

Die wesentlichen Bereiche der sozialen Ausgrenzung wohnungsloser Menschen werden nicht dargestellt: Sozialhilfe und Sozialhilfegewährungspraxis, Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit inkl. Notversorgung, Arbeitsmarkt und Arbeitsförderung sowie Gesundheit und Gesundheitsförderung.BAG Wohnungslosenhilfe e. V. Seite 3 von 3 26.11.2012

Alternativer Schattenbericht der Nationalen Armutskonferenz gibt realistisches Bild von Armut und Wohnungsnot

Der unter dem Namen „Die im Schatten sieht man nicht“ veröffentlichte „Schattenbericht“ der Na-tionalen Armutskonferenz zum ARB IV (anliegend), an dem u.a. auch die BAG W mitgearbeitet hat, gibt dagegen ein umfassendes und realistisches Bild der Armut in kurzer und prägnanter Form.

Wohnungslosenzahlen werden im Zuge der Wohnungsnot kräftig ansteigen

Da es in Deutschland keine Statistik zur Wohnungslosigkeit gibt, muss die BAG W die Zahl der Wohnungslosen schätzen. Laut BAG W ist die Zahl der Wohnungslosen von 2008 bis 2010 um 10% auf 248.000 Personen gestiegen. Bis 2015 prognostiziert die BAG W sogar einen weiteren drastischen Anstieg der Wohnungslosigkeit um 10 bis 15% auf dann 270.000 bis 280.000 Men-schen. Schon jetzt leben wieder mehr Wohnungslose auf den Straßen leben als in den Jahren zuvor.

Die BAG W Wohnungslosenhilfe fordert daher von der Bundesregierung einen Nationalen Rahmenplan gegen Wohnungsnot, Wohnungslosigkeit und Armut wie es ihn auch in anderen EU- Staaten wie Frankreich, Irland und Finnland gibt.

Bei Rückfragen stehen Ihnen zur Verfügung:

Dr. Thomas Specht, Geschäftsführer BAG W, (0521) 14396-15

oder Werena Rosenke, stellv. Geschäftsführerin BAG W, Leitung Presse/ÖA, (0521) 14396-11, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Zuletzt aktualisiert am Freitag, den 30. November 2012 um 20:05 Uhr

 

Regierung fälscht Vermögensbilanz

Geschrieben von nak. Veröffentlicht in Pressemitteilungen

Thomas Beyer, Sprecher der Nationalen Armutskonferenz (nak), kritisiert die Streichungen und Glättungen im Entwurf zum 4. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung

„Die Aussagen von Sachverständigen aus Wissenschaft und Ministerium zu streichen beziehungsweise zu glätten, ist ein höchst undemokratischer Vorgang. Man kann es nicht anders ausdrücken: Die Regierung schönt die Vermögensbilanz.“ So kommentiert Thomas Beyer, Sprecher der Nationalen Armutskonferenz, die Streichungen und Glättungen, die die Bundesregierung am Entwurf zum 4. Armuts- und Reichtumsbericht vorgenommen hat.

Zurzeit sollen die Verbände ihre Stellungnahmen zu der alle vier Jahre erscheinenden Bilanz abgeben. „Unsere lautet so: Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler ertragen es nicht, dass Ergebnisse ihrer Politik offensichtlich werden. Und die von ihnen mitgeschaffene Realität ist nun mal die, dass die Einkommen der Reichen steigen, während die der Armen sinken“, erklärt Beyer.

Eine Passage im Entwurf, in der diese Einkommensspreizung von den Sachverständigen festgestellt wird, zu streichen, legt laut Beyer Folgendes nahe: „Die amtierende Bundesregierung verschließt die Augen vor der steigenden Armutsgefährdung in Deutschland.“

Indes ist Beyer von diesem Vorgehen nicht überrascht: Als Beirat bei den Beratungen zum 4. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, habe die nak erfahren müssen, dass keiner ihrer Vorschläge – wie die Beteiligung von Armut betroffener Menschen – aufgenommen wurde. Aus diesem Grund hat die Nationale Armutskonferenz vor einigen Wochen einen Schattenbericht zum Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung erstellt und veröffentlicht

(siehe Anhang).

Vergessene Studie: Armut löst Depressionen und Schizophrenie aus

Geschrieben von Detlef Müller. Veröffentlicht in Gesundheit

Langzeitstudie: Armut ist in 4 von 7 Fällen für Depressionen oder Schizophrenie verantwortlich. US-Gesundheitswissenschaftler untersuchte jahrelang Auswirkungen sozialer Benachteiligung.

Minden (sd). Nachrichten von gestern sind oft auch "Schnee von gestern", veraltet, nicht mehr interessant. Mitunter lohnt es sich aber, vergessene Nachrichten wieder an die Oberfläche zu holen. Wie im Falle einer Langzeitstudie aus Massachussets. 

Über diese war im März 2005 im "American Journal of Orthopsychiatry" nachzulesen. In der mehr als sechsjährigen Untersuchung wurde die alte Vermutung bestätigt, dass Einkommensarmut ein Erkranken an Depressionen und Schizophrenie wesentlich begünstigt.

US-Studie bestätigt alten Risikoverdacht

Armut wird nach einer Langzeitstudie bei vier Siebtel aller Depressions- und Schizophrenieerkrankungen verantwortlich gemacht. Das berichtete der US-Amerikaner Christopher Hudson 2005 in der Märzausgabe der Psychiatrie-Zeitschrift. Hudson ist Professor an der Salem State University in Massachussets und Fachmann für das Gesundheitswesen (Psyche). 

Schon in den dreißiger Jahren des vergangenen 20. Jahrhunderts wurde Armut als Risikofaktor für psychische Krankheiten vermutet. Diesen Verdacht konnte Hudson seinen wissenschaftlichen Kollegen mit Daten von 34.000 Patient/innen bestätigen. Die wurden in einer bundesstaatsweiten Untersuchung in den Jahren 1994 bis 2000 in Massachussets zusammengetragen. 
Untersucht wurde der sozioökonomische Status (arbeitslos / arm / wohnungslos) von Patienten mit zwei oder mehr psychiatrischen Klinikaufenthalten. "Je ärmer die sozioökonomische Lebenslage eines Menschen ist desto grösser ist sein Risiko für eine mentale Erkrankung oder psychiatrische Klinikbehandlung." fasst Christopher G. Hudson das Ergebnis zusammen.

Einkommensarmut ist psyche-schädlich - aber auch Überfluss

Der Verlust von Arbeit und Einkommen ist laut Hudson der entscheidende Punkt für das seelische Erkranken.
Bemerkenswert auch: Nicht nur die Menschen an der unteren Einkommensgrenze, sondern auch die besonders Reichen sind von der erhöhten Häufigkeit betroffen.


Quellenangaben

paradisi.de (2/2006) - Armut löst Depressionen und Schizophrenie aus

American Psychological Association (3/2005) - 
Low Socioeconomic Status Is a Risk Factor for Mental Illness, According to ...

Schizophrenia Daily (3/2005) - The Role of Poverty in Mental Illness

Boston Globe (3/2005) - Mental illness and poverty: Does one cause the other?