Wie die Banken die Welt verschlingen

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Eine Radiosendung mit Dr. Otmar Pregetter war  ein voller Erfolg. Fachkundig und mit Fingerspitzengefühl veranschaulichte der Wirtschaftsexperte jene Zusammenhänge, die die Welt derzeit dem Abgrund entgegen taumeln lassen

Im Kern der Sendung ging es daher um die Systemfrage als solches. Kurze Panne -- schnell behoben, ansonsten floss die Sendung ruhig und zielgerichtet in die richtige Richtung. Vorbei an der Geldschöpfung, einem totgeborenen Euro, hirntod in den letzten Atemzügen liegend und schließlich hin zum Europäischen Stabiltätsmechanismus (ESM). An dieser Stelle änderte die Sendung ihre Richtung ein wenig und machte einen Abstecher nach Island um sich anschließend dem bargeldlosen Zahlungsverkehr zuzuwenden, der sehr richtig als eine der größten Bedrohungen der Freiheit erkannt wurde. Zuletzt mäanderte sich die Sendung durch einen Katalog von sechs elementaren Fragen, den das Blog theintelligence.de gemeinsam mit Dr. Pregetter erstellt und an führende Abgeordnete hier und in Österreich weitergeleitet hatte.

Fazit: Eine runde, flüssige Sendung die Spaß gemacht hat.

http://www.theintelligence.de/index.php/wirtschaft/finanzen/4985-wie-banken-d...

http://www.jungle-drum.de/2012/11/05/radiosendung-mit-dr-pregetter-wie-banken...

Lieder, die die Armut schrieb

Geschrieben von Andreas Steidel . Veröffentlicht in Allgemeines

Bettler’s Oper von Frieder Claus and Friends hat schon 30 Aufführungen hinter sich

STUTTGART – Mit Musik geht alles besser: Seit Frieder Claus, Armutsexperte der Diakonie, seine Botschaft in Töne fasst, hören ihm die Leute zu. Schon 30 Mal wurde die Bettlers Oper aufgeführt, eine in Melodien und Spielszenen verpackte Anklage gegen die Ignoranz einer Wohlstandsgesellschaft.

Das ist dieses Gefühl von Verunsicherung. Soll man nun etwas geben oder nicht? Man schweigt, schaut weg, greift nach dem Geldbeutel, lässt ihn schließlich stecken, murmelt irgendetwas Belangloses vor sich hin. Eine blöde Situation.
Der Bettler ist kein richtiger Bettler, sondern ein Schauspieler. Irgendwie hat er es geschafft, dem Publikum auf die Pelle zu rücken. Für einen Moment ein schlechtes Gewissen zu erzeugen. Mit seinem alten abgewetzten Mantel, grimmigen Blick und drohend nach oben gerichteten Stock vergessen zu machen, dass hier gerade ein Stück gespielt wird.
Es ist ein Stück aus dem richtigen Leben. Aus dem Leben derer, die ganz unten sind. Die einmal Nachbarn waren und nun irgendwo anders hausen. Die Hartz-IV nicht zum Spaß in der Fastenzeit ausprobieren, sondern davon leben müssen.
Wie oft hat Frieder Claus schon von ihnen erzählt. Vorträge über sie gehalten, erschreckende Statistiken gezeigt. Doch nur wenige haben zugehört. Irgendwann hatte der 59-Jährige genug und schlug andere Töne an. Schrille Töne und harmonische, eingängige und kantige. Melodien zum Mitklatschen und zum Zuhören. Die Bettlers Oper war geboren. Frieder Claus ist Autor und Komponist vieler ihrer Lieder. In seinem beruflichen Leben leitet er das Armutsreferat, kümmert sich um Wohnungslose, manche nennen ihn auch den Armutsexperten der Diakonie. Das freilich hätte nicht gereicht, um ein neunzigminütiges Stück auf die Bühne zu bringen, das mitreißt, spannend und professionell gemacht ist.
Da traf es sich gut, dass Claus schon immer ein Musiker war. Seit den späten sechziger Jahren in Bands spielte, Melodien und Texte schrieb. Und dass er Freunde hatte, musikalische Freunde: Wie den Oboenspieler und Methodistenpastor Markus Bauder oder den Schlagzeuger und Musiklehrer Joachim Fuchs-Charrier. Die Sängerin Nausika McAnally oder den Gitarristen Jörg Heinkel. Die beiden letzteren sind erst seit kurzem, die beiden ersteren von Anfang an dabei.

Zur Anfangsbesetzung gehören auch Ralf Brenner, Geschäftsführer einer Wohnungslosenhilfe, der den gestrandeten Bruder Tack gibt und Michaela Zimmermann, Theaterpädagogin, die eine schwangere Hartz-IV-Empfängerin spielt. Den grimmigen Bettler mimt Frieder Claus selbst, den Bettler und den virtuosen Keyboard-Spieler und den, der nach allem schaut, damit es endlich losgehen kann.
Es ist viel los auf der Bühne, ein schneller Wechsel von Szenen, die mal gesprochen, dann gesungen, aufwühlend oder meditativ sind. Das Vaterunser wird zur interaktiven Spielszene und eine erschreckende Abfolge von Elendsbildern zur Illustration von Statistiken der schreienden Ungerechtigkeit. „Bei der Geburt sind alle Menschen gleich, aber nur dann,“ höhnt Bruder Tack ins Publikum hinein und das Wort „Scheiße“ kommt allen Beteiligten mit Leichtigkeit über die Lippen. In einem furiosen Höhepunkt des Programms tanzen die Akteure eine Modenschau mit den abgetragenen Klamotten der Rot-Kreuz-Kleiderkammer, ein wild gestikulierender Haufen, der irgendwie entschlossen wirkt.
Es ist die Entschlossenheit, sich nicht abzufinden, aufzumucken, laut zu geben, die, die die passiv sind, wachzurütteln. Das scheint tatsächlich zu funktionieren: Wo früher nur ein paar saßen, hören nun zwischen 100 und 600 Menschen zu. Sie wirken mitunter nachdenklich oder verunsichert, doch darüber hinaus auch stets gut unterhalten: Das Lied „Ich wär so gern ein Teuro“ ist eine ebenso hübsche Mitsing- und Mitklatschnummer wie der Abschlusssong „Jeder Tag“.
Runde 30 Mal war die Bettlers Oper schon auf der Bühne. Bei Kirchengemeinden, sozialen Einrichtungen, als Aufhänger für Podiumsdiskussionen. Ihre Vorbilder hat sie in der „Beggar’s Opera“ von John Gay aus dem 18. Jahrhundert und der Dreigroschenoper von Brecht aus dem Jahre 1928. Von seiner aktuellen Brisanz hat das Arm-Reich- Thema bis auf den heutigen Tag nichts verloren.

Kontakt zu Frieder Claus:

Tel. 07146/ 4981

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Bettlers Oper: Armut als falsch verteilter Reichtum

Grundsicherung - immer mehr brauchen sie

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Die Zahl der Empfänger von Grundsicherung hat einen neuen Rekordwert erreicht. Etwa 844.000 Menschen in Deutschland waren 2011 auf dies staatliche Hilfe angewiesen, weil ihre Altersrente nicht reichte oder sie dauerhaft nicht arbeiten konnten. Im Vergleich zum Vorjahr sei die Zahl der Empfänger damit um 5,9 Prozent gestiegen, berichtete das Statistische Bundesamt in Wiesbaden.

Die Grundsicherung wurde im Jahr 2003 eingeführt. Seitdem steigt die Zahl der Empfänger stetig. 2005 waren es noch 630.000. Einen eindeutigen Grund für diesen Trend gibt es laut Statistikerin Antje Lemmer nicht. Viele Faktoren spielten eine Rolle, etwa wenn andere Leistungen wie das Wohngeld anders geregelt würden, erklärte sie der Deutschen Presse Agentur.

Im Schnitt errechneten die Statistiker für die Betroffenen einen Bedarf von 435 Euro im Monat. Das ist die Lücke, die zwischen Einkommen und der für den Lebensunterhalt benötigten Summe klafft.

Ein Zeichen für Altersarmut

Die Grundsicherung bekommt nur, wer dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung steht - also schon Altersrente bezieht oder dauerhaft nicht arbeiten kann. Die meisten Bezieher der Leistung sind Rentner: Gut die Hälfte der Betroffenen, nämlich 436.000, ist 65 Jahre und älter.

Von je 1000 Menschen dieses Alters waren in Deutschland Ende vergangenen Jahres 29 Frauen und 22 Männer auf Hilfe angewiesen. Besonders betroffen waren die Frauen in Westdeutschland: Dort erhielten 32 von 1000 Frauen ab 65 Jahren Grundsicherung im Alter. In den ostdeutschen Ländern einschließlich Berlin bezogen 19 von 1000 Frauen im Rentenalter diese Leistungen.

Überdurchschnittlich hoch ist der Anteil der Grundsicherungsempfänger in den Stadtstaaten: In Bremen waren es 23 je 1000 erwachsene Einwohner, in Berlin und Hamburg jeweils 21 je 1000 Einwohner. In Thüringen und Sachsen gibt es bezogen auf die Bevölkerung die wenigsten Betroffenen: Dort sind es sieben Empfänger je 1000 Einwohner.

Insgesamt erhielten zwölf von 1000 Bundesbürgern ab 18 Jahren Grundsicherung. Das entspricht einer Quote von 1,23 Prozent, 2010 lag die Quote bei 1,16 Prozent.

Quelle:tagesschau.de vom 18.10.2012

„Die im Schatten sieht man nicht“

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Zum 17, Oktober, dem Internationalen Tag der Beseitigung der Armut legt die Nationale Armutskonferenz (nak) in einer Sonderausgabe des strassenfeger-Magazins ihren Schattenbericht zum Entwurf des 4. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung vor.

Er ist mit 24 Seiten überschaubar. Er ist für jedermann verständlich geschrieben. Er benennt die Missstände ohne Umschweife. Und vor allem: Er ist von den Betroffenen mitgeschrieben worden, statt nur von ihnen zu handeln. Die Rede ist vom 1. Schattenbericht der Nationalen Armutskonferenz (im Anhang in voller Länge nachzulesen), der in Zusammenarbeit mit der Berliner Straßenzeitung strassenfeger entstanden ist. „Die im Schatten sieht man nicht“ ist das Gegenstück zum 4. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung und erscheint am kommenden Mittwoch, 17. Oktober (Internationaler Tag der Beseitigung der Armut).

„Wir begnügen uns nicht wie die Bundesregierung bislang mit einem Entwurf ihres 4. Armuts- und Reichtumsberichts – wir legen gleich die endgültige Version unseres 1. Schattenberichts vor. Wir verabreichen die beklemmende Realität nicht häppchenweise, unsere Einschätzung steht fest: Die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer und die Politik schaut weitgehend tatenlos zu“, fasst Thomas Beyer, Sprecher der Nationalen Armutskonferenz (nak), zusammen. Dabei lägen Lösungen des Problems Armut auf der Hand. Beyer: „In unserem Schattenbericht zeigen wir sie auf und stellen sie als Forderungen an die Bundesregierung.“

Letzteres geschieht übrigens nicht zum ersten Mal: Auch als Mitglied im Beratergremium für den 4. Armuts- und Reichtumsbericht hat die nak ihre unverrückbaren Forderungen wie Mindestlohn und mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigung eingebracht – ohne dass diese nennenswerte Würdigung erfahren hätten. Ebenfalls nicht zum ersten Mal sind die Praxisberichte von Verbänden, Wissenschaft, Kirchen, anderen gesellschaftlichen Akteuren und vor allem der Betroffenen nicht ausreichend miteinbezogen worden. Auf sie hat das Ressort von Bundessozialministerin Ursula von der Leyen zugunsten eher theoretischer Darstellungen von Armut verzichtet. So viel ist dem bisher erschienenen Entwurf der Bundesregierung mit den erschreckenden Armutszahlen nämlich zu entnehmen.

„Auch deshalb richten wir uns mit unserem Schattenbericht bewusst an die breite Öffentlichkeit, um zum einen das gravierende Problem der Armut aufzuzeigen; zum anderen wollen wir es enttabuisieren“, erläutert Beyer die Intention der Veröffentlichung. Häufig werde bedürftigen Menschen ihre Not als individuelle Schuld zugeschrieben. „Dabei geht sie allzu oft auf gesellschaftspolitische Rahmenbedingungen zurück. Deshalb würden wir uns freuen, wenn unsere Positionen eine breitere gesellschaftliche Diskussion über die Armutsprävention auslösen würden“, sagt Beyer.

„Die im Schatten sieht man nicht“ (Replik des Verses „Die im Dunkeln sieht man nicht“ aus Bert Brechts „Die Moritat von Mackie Messer“) behandelt unter anderem folgende Aspekte: „Arm trotz Arbeit“, „Leben mit Hartz IV“, „Familiäre Armut“, „Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit“, „Armut macht krank“; „Asylbewerberleistungsgesetz“ sowie „Altersarmut“. Zu jedem Bereich gibt es Erfahrungsberichte von Betroffenen im Wortlaut sowie die Forderungen der Nationalen Armutskonferenz.

Zum Download der Sonderausgabe: Schattenbericht

Quelle: nak

Internati­onaler Tag für die Beseitigung der Armut

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1957 entstand die ATD Vierte Welt als Selbsthilfevereinigung im Obdachlosenlager von Noisy-le-Grand bei Paris. Ihr Gründer, Père Joseph Wresinski (1917-1988), war selber in bitterer Armut aufgewachsen. Er wollte, dass die ausgeschlossenen Familien und Bevölkerungsgruppen ihre Erfahrungen in die Gesellschaft einbringen und diese als gleichberechtigte Partner und Partnerinnen mitgestalten können.

ATD Vierte Welt ist parteipolitisch und konfessionell neutral und hat Beraterstatus bei ECOSOC, Unesco, Unicef, Internationale Arbeitsorganisation und Europarat. Sie ist in 29 Ländern auf allen Kontinenten tätig. Der Hauptsitz befindet sich in Pierrelaye/Frankreich, die Geschäftsstelle für Deutschland in München, das Schweizer Zentrum in Treyvaux.

ATD bedeutet englisch "All Together for Dignity" (gemeinsam für die Menschenwürde), französisch Aide à toute détresse (Hilfe in aller Not). Beide Formeln drücken den gleichen Gedanken aus: Um die Würde aller Menschen zu garantieren, muss immer wieder beim ärmsten, beim am stärksten ausgeschlossenen angesetzt werden.

Um Elend und Ausgrenzung zu überwinden, baut ATD Vierte Welt auf das persönliche Engagement von Menschen: Erwachsene, Jugendliche und Kinder, die sich als direkt Betroffene wehren, Verbündete, die das Anliegen in ihrem persönlichen Einflussbereich vertreten, und hauptamtliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus allen Berufssparten.

Gemeinsam entwickeln diese Mitglieder Projekte im Bereich der Bildung und der Kultur. Sie fördern den Dialog untereinander und mit der Gesellschaft. Ein Beispiel sind die „Volksuniversitäten Vierte Welt”. in verschiedenen europäischen Ländern. Hier tauschen armutsbetroffene und andere Menschen Erfahrungen aus, lernen aufeinander zu hören und thematisieren Lebensbereiche wie Arbeit, Kultur, Bildung oder Gesundheit. Sie üben den Dialog und bereiten auch Stellungnahmen vor.

1992 erklärte die Generalversammlung der Vereinte Nationen, den 17. Oktober zum Internationalen Tag für die Beseitigung der Armut. In ihrer Resolution vom 22. Dezember zeigt sie sich erfreut, dass einige regierungsunabhängige Organisationen auf Initiative der internationalen Bewegung ATD Vierte Welt diesen Tag bereits in zahlreichen Ländern begehen.

Diese NGO verbinden mit dem "Welttag zur Überwindung der Armut" drei Anliegen:

  • den Widerstand der von Armut betroffenen Menschen gegen Elend und Ausgrenzung würdigen
  • den Not leidenden und ausgegrenzten Menschen Gehör verschaffen und mit ihnen ins Gespräch kommen
  • sich mit den Allerärmsten dafür einsetzen, dass die Rechte aller wirklich für alle gelten

(Quelle: Wikipedia)

Kernforderungen des Kritischen Aktionsbündnisses 20 Jahre Tafeln

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Die zwanzigjährige Existenz von Tafeln in Deutschland und die zunehmende Verbreitung anderer existenzunterstützender Angebote (Kleiderkammern, Suppenküchen, Lebensmittelausgaben usw.) sind Ausdruck einer sich verfestigenden Armut in Deutschland.

Die Aussagen und Forderungen des Aktionsbündnisses sollen zu einer kritischen Auseinandersetzung mit einer sich immer weiter etablierenden „Armutswirtschaft“ anregen. Sie sollen Lösungsansätze aufzeigen, die ein menschenwürdiges Leben auf der Grundlage des Grundgesetzes ermöglichen.

Kernaussagen und -forderungen des „Kritischen Aktionsbündnisses 20 Jahre Tafeln“

Die zwanzigjährige Existenz von Tafeln in Deutschland und die zunehmende Verbreitung anderer existenzunterstützender Angebote (Kleiderkammern, Suppenküchen, Lebensmittelausgaben usw.) sind Ausdruck einer sich verfestigenden Armut in Deutschland. Der große Zulauf zu den Tafeln ist ein deutliches Zeichen einer verfehlten Sozialpolitik, die große Teile unserer Gesellschaft von einer gleichberechtigten Teilhabe ausschließt, sie materiell kurz hält und darüber hinaus über die SGB II und SGB III Gesetzgebung permanent bevormundet. Die Tafeln sind kein adäquates Mittel der Armutsbekämpfung, sondern viel mehr ein Seismograph für Armut in einem reichen Land sowie sozialer Ungleichheit und Ungerechtigkeit mitten unter uns.

Die Aussagen und Forderungen des Aktionsbündnisses sollen zu einer kritischen Auseinandersetzung mit einer sich immer weiter etablierenden „Armutswirtschaft“ anregen. Sie sollen Lösungsansätze aufzeigen, die ein menschenwürdiges Leben auf der Grundlage des Grundgesetzes ermöglichen.

Wir regen zu einer kritischen und engagierten Auseinandersetzung an: auf der jeweiligen politischen Ebene (auch jeweils vor Ort), in der medialen öffentlichen Diskussion, in der Bürgergesellschaft, innerhalb von Tafeln und existenzunterstützenden Angeboten, in Verbänden der freien Wohlfahrt, den Gewerkschaften, der Lebensmittelindustrie, der Zivilgesellschaft, zwischen betroffenen und nicht betroffenen MitbürgerInnen.

 

1. 20 Jahre Tafeln in Deutschland zeigen, dass es in unserer Gesellschaft an sozialer Gerechtigkeit fehlt.

Wir sehen kritisch dass...

  • es in unserer Gesellschaft an einer gerechten Umverteilung des Wohlstands und des Reichtums mangelt und immer mehr armutsökonomische Angebote diese Lücke füllen.
  • Tafeln und ähnliche existenzunterstützende Angebote zu einer Spaltung der Gesellschaft und damit zur Reproduktion sozialer Ungleichheit beitragen und damit BürgerInnen ökonomisch abgekoppelt und sozial ausgegrenzt werden.

Wir fordern daher dass...

  • der zunehmenden sozialen Spaltung der Gesellschaft und dem scheinbar selbstverständlichen Ausbau armutsökonomischer Angebote Einhalt geboten wird.
  • durch mehr Steuergerechtigkeit Wohlhabende wieder stärker an der Finanzierung der öffentlichen Daseinsvorsorge beteiligt werden. Wachsender Reichtum darf nicht länger mit wachsender Armut einhergehen.
  • Tafeln nur als Nothilfe angeboten werden. Sie dürfen sich nicht als Dauereinrichtung etablieren und damit institutionalisierter Bestandteil des sozialen Netzes werden.

 

2. 20 Jahre Tafeln in Deutschland zeigen, dass der Staat seine aktive und verantwortungsvolle Rolle in der Armutsbekämpfung zunehmend einbüßt.

Wir sehen kritisch, dass...

  • Unternehmen vom Staat zunehmend aus ihrer Verantwortung entlassen werden, über Steuern und Sozialabgaben gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Freiwillige, punktuelle und imagefördernde „Corporate Social Responsibility“-Maßnahmen können den Mangel an gesetzlicher Regulierung nicht ersetzen.
  • Tafeln und ähnliche Angebote als Lückenbüßer für mangelnde sozialstaatliche Sicherung missbraucht werden. Ehrenamtliche werden im Rahmen der sogenannten „Engagementpolitik“ für die reine Linderung von Armutsfolgen instrumentalisiert, ohne dass diesem Engagement ausreichende Armutspräventions- und bekämpfungsmaßnahmen gegenüber stehen..

Wir fordern daher dass...

  • der Staat seinem Verfassungsauftrag umfassend nachkommt und die Daseinsvorsorge aller Bürger garantiert.
  • Jobcenter und andere staatliche Stellen nicht mehr auf Tafeln als Einsparmaßnahme verweisen und Politiker keine Schirmherrschaften bei Tafeln u. ä. Einrichtungen übernehmen.
  • Unternehmen gesetzlich verpflichtet werden, über eine gerechte Steuerpolitik, Sozialabgaben und faire Löhne gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen, anstatt durch Spenden von Überschüssen an Tafeln ihr Image zu verbessern und Entsorgungskosten zu sparen.
  • Überschuss- und Armutsproblematik müssen unabhängig voneinander behandelt und auf politischem Wege nachhaltig und ursächlich bekämpft werden. Das Tafelsystem darf nicht als vermeintliche Lösung beider Probleme propagiert werden.

 

3. 20 Jahre Tafeln in Deutschland zeigen, dass die Stigmatisierung und Entwürdigung von Armutsbetroffenen mittlerweile zur gesellschaftlichen Normalität geworden ist und als politisches Steuerungsinstrument eingesetzt wird.

Wir sehen kritisch, dass...

  • für von Armut Betroffene andere Qualitätsstandards für Lebensmittel gelten als für die Mehrheitsgesellschaft. Arme dürfen nicht zu „Müllverwertern“ degradiert werden, für die gerade noch gut genug ist, was andere nicht mehr essen oder konsumieren wollen.
  • BürgerInnen durch das öffentliche Schlangestehen vor Tafel-Ausgabestellen systematisch beschämt und diskriminiert werden.

Wir fordern daher dass...

  • selbstbestimmter Konsum auf der Basis eines auskömmlichen Einkommens zur Leitidee menschenwürdiger Sozialpolitik erhoben wird.
  • als Notlösung bestehende Tafeln so organisiert sein müssen dass sie direkte, persönliche Beschämungen und Abhängigkeiten vermeiden. Vor allem Bedürftigkeitsprüfungen müssen abgeschafft werden.

 

4. 20 Jahre Tafeln in Deutschland zeigen, dass mit den derzeitigen Transferleistungen (ALG II, Grundsicherung im Alter, Asylbewerberleistungsgesetz) keine sozio-kulturelle Teilhabe möglich ist.

Wir sehen kritisch, dass...

  • sich die Berechnung der Hartz-IV-Regelsätze nicht an der Lebenswelt und den Bedürfnissen der Betroffenen orientiert.
  • die steigende Nutzung von Tafeln und ähnlichen Angeboten politisch nicht als Symbol einer mangelhaften politischen Armutsbekämpfung sondern als „Erfolg“ gedeutet wird.

Wir fordern daher dass...

  • die Mindestsicherung auch die soziale und kulturelle Teilhabe aller Bürger gewährleistet. Die Berechnung des soziokulturellen Existenzminimums muss transparent erfolgen und an den Bedarfen der Menschen ausgerichtet sein. Eine Unterschreitung dieser Mindestsicherung durch Sanktionen darf nicht erfolgen.
  • Strukturdaten zur Verbreitung und Nutzung von Tafeln und allen anderen existenzunterstützenden Einrichtungen künftig im Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung erhoben werden.

Unsere HAUPTFORDERUNG lautet daher:
Nur eine armutsvermeidende, existenzsichernde und bedarfsgerechte
Mindestsicherung ist der Garant für ein selbstbestimmtes, menschenwürdiges
und beschämungsfreies Leben und damit die Voraussetzung für ein
Deutschland unter dem Leitbild sozialer Gerechtigkeit.